1. Detail­ge­nau­ig­keit (dili­gen­tia, Laus­berg, a. a. O., §§ 538—540; akri­beia): Sorg­falt sei das Wich­tigs­te, Lie­be zur Tätig­keit und Ehr­lich­keit über das eige­ne Schaf­fen. Ent­wick­ler hät­ten unun­ter­bro­chen groß­ar­ti­ge Ideen für Spie­le, aber letzt­end­lich müs­se man auch ablie­fern kön­nen. Dies sei noch immer eine sehr schwie­ri­ge Her­aus­for­de­rung in der Indus­trie. Folg­lich gäbe es zwei Stu­fen der Ent­wick­lung: die Ideen­fin­dung, in der man einen Ent­wurf for­mu­liert, und die Umset­zung, in der die­ser per­fekt aus­ge­führt wer­den muss. Detail­ge­nau­ig­keit rei­che jedoch als Aus­gangs­punkt schon aus. Es sei immer sein größ­tes Ziel gewe­sen, ein sorg­fäl­tig aus­ge­ar­bei­te­tes und polier­tes Pro­dukt abzu­ge­ben (poli­re, Laus­berg, a. a. O., § 1244:780). Von dort kön­ne man Neu­es und Ande­res aus­pro­bie­ren und so Schritt für Schritt bes­ser werden.

2. Ver­su­che zu inno­vie­ren und ein Gen­re zu kre­ieren, statt einem zu fol­gen (aemu­la­tio, Laus­berg, a. a. O., §§ 1100f.). Zu Beginn sei­en auch die Spie­le von DMA Design eine Art von Pla­gi­at gewe­sen (imi­ta­tio, Laus­berg, a. a. O., § 2). Die­se Form der Aneig­nung habe anfangs bei­na­he jeder durch­ge­macht.[7] Noch heu­te stu­die­re er Spie­le – dies sei ein groß­ar­ti­ger Weg, zu ler­nen (exem­pla, Laus­berg, a. a. O., § 26).

3. Hal­te es ein­fach (per­spi­cui­tas, Laus­berg, a. a. O., §§ 528—537): Lem­mings sei ein klas­si­sches Bei­spiel für ein Spiel, dass Spie­len­de weni­ge ein­fa­che Bau­stei­ne nut­zen las­se, die in ihrer Kom­bi­na­ti­on jedoch Mil­lio­nen ver­schie­de­ner Mög­lich­kei­ten ergä­ben. Spie­le sei­en heu­te so kom­plex, dass schon die Ideen­fin­dung sechs bis zwölf Mona­te dau­ern kön­ne. Doch die Spiel­tie­fe ent­ste­he in der Spiel­erfah­rung, die sich kaum im Kopf oder auf dem Papier pla­nen las­se – d. h., man müs­se es aus­pro­bie­ren und sehen, ob es funktioniert.

4. Hal­te alles so zeit­ge­nös­sisch wie mög­lich, um den Leu­ten so wenig wie mög­lich erklä­ren zu müs­sen (aptum, Laus­berg, a. a. O., §§ 1055—1062).

5. Nut­ze Humor, um Hür­den abzu­bau­en: Wenn jemand in den ers­ten fünf Minu­ten des Spiels lache, so habe man bereits etwas erreicht (atten­tum para­re, Laus­berg, a. a. O., §§ 269—271).

Die Rhe­to­rik fin­det sich in der gesam­ten Kom­ple­xi­tät des Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses wie­der, auch wenn er, wie hier, nur grob skiz­ziert wird. Inso­fern ist es die Auf­ga­be einer visu­el­len Rhe­to­rik, ange­mes­sen mit den inne­ren und äuße­ren Rah­men­be­din­gen, die das Game vor­gibt, umzu­ge­hen[8]: Sie hat logisch-infor­mie­ren­de Auf­ga­ben, kann erfreu­en­den Witz aus­drü­cken, aber auch emo­tio­na­le Inhal­te ver­mit­teln. [9] Dabei ist die Rhe­to­rik selbst nur eine Aus­for­mung der abend­län­di­schen Tra­di­ti­on von Pro­duk­ti­ons­theo­rien (tech­ne), die somit das Grund­ge­rüst bil­det, auf dem sich Gestal­tungs­theo­rien mit­ein­an­der ver­glei­chen las­sen. So nimmt die akri­beia, ähn­lich wie in den »design prin­ci­ples« von Dave Jones, in der anti­ken tech­ne der Male­rei eine zen­tra­le Stel­lung ein.[10] Der Wett­streit als Pro­duk­ti­ons­tech­nik fin­det sich, eben­so wie die Erfin­dung von Inhal­ten aus der Anschau­ung zufäl­li­ger Tex­tu­ren, in den Male­rei­trak­ta­ten Leo­nar­do da Vin­cis.[11] Nicht weni­ge die­ser Prin­zi­pi­en lesen sich als ethi­sche Anfor­de­run­gen an die Per­son des Desi­gners, deren Dis­kus­si­on an die Fra­ge nach dem voll­kom­me­nen Red­ner anknüpft (Laus­berg, a. a. O., §§ 1151—1154). Ande­re Prin­zi­pi­en sind stark medi­en­spe­zi­fisch und wer­den, wie die Anord­nung der Levels nach Schwie­rig­keit, zumin­dest hier gar nicht expli­ziert, son­dern tau­chen nur in der Doku­men­ta­ti­on des Pro­duk­ti­ons­pro­zes­ses auf. Damit wird deut­lich, dass auch eine spe­zi­fi­sche Rhe­to­rik der Games ihre gan­ze Wirk­sam­keit erst im Kon­text einer grö­ßer ange­leg­ten Pro­duk­ti­ons­theo­rie ent­fal­ten kann, die über eine visu­el­le Rhe­to­rik wesent­lich hin­aus­geht.[12]

  1. [7] Rus­sell Kay erin­nert sich: “I star­ted out in games while atten­ding a local com­pu­ter club. A group of us within the club were real­ly inte­res­ted in what made the­se game things work, so we star­ted taking them to bits and see­ing what made them tick. We rea­li­zed that we could make them ourselves—they were not that dif­fi­cult after all—so we all fell into the busi­ness after that.” In: Chris­to­pho­ry, Audrey: A life­time in gam­ing: an inter­view with Rus­sell Kay. In: Cross­roads, The ACM Maga­zi­ne for Stu­dents, vol. 13, no. 2, 2006, p. 6. 
  2. [8] Pierre Smo­lar­ski: Anmer­kun­gen zu einer visu­el­len Rhe­to­rik im Game­de­sign. In: designrhetorik.de, Aus­ga­be Nr. 4, Früh­jahr 2014. http://www.designrhetorik.de/?page_id=4225.
  3. [9] Blan­ken­heim, Björn: Noch ein­mal mit Gefühl – Emo­tio­nen in Games. In: Making Games Maga­zin. Maga­zin für Spie­le-Ent­wick­lung und Busi­ness-Deve­lo­p­ment. Heft 4, 2009. S. 54—58. Auch online: http://www.makinggames.de/index.php/magazin/461_noch_einmal_mit_gefhl.
  4. [10] Koch, Nadia J.: Tech­ne und Erfin­dung in der klas­si­schen Male­rei. Eine ter­mi­no­lo­gi­sche Unter­su­chung. Mün­chen 2000. Insb. S. 59—62, 161—174.
  5. [11] Lio­nar­do Da Vin­ci: Das Buch von der Male­rei. Bd. I. Her­aus­ge­ge­ben, über­setzt und erläu­tert von Hein­rich Lud­wig. In drei Bän­den, Italienisch/Deutsch. Osna­brück 1970. 
  6. [12] Eine aus­führ­li­che­re Dis­kus­si­on die­ser Pro­ble­ma­tik in Kür­ze bei: Blan­ken­heim, Björn: Games. In: Scheu­er­mann, Arne; Vidal, Fran­ce­s­ca (Hg.): Hand­buch Medi­en­rhe­to­rik. Ber­lin, Bos­ton 2014. (in Vorbereitung)