Buchbesprechung

»Die alltägliche Metamorphose der Dinge«

Zweckenfremdung schafft Design jenseits der Absicht

Eine Rezension von Steffen Fridgen


In ihrer Publi­ka­ti­on »Design durch Gebrauch« erfor­schen die drei Autorin­nen Uta Bran­des, Son­ja Stich und Miri­am Wen­der, alle­samt trei­ben­de Kräf­te im Bereich Design­for­schung, durch eine wis­sen­schaft­li­che Her­an­ge­hens­wei­se eine ganz spe­zi­el­le und beson­de­re Art von Design.

Da in unse­rem heu­ti­gen, design­las­ti­gen Zeit­al­ter das The­men­feld der Design­for­schung ein wenig erforsch­ter Bereich ist, wen­den die Autorin­nen sich genau die­sem The­men­feld zu und bege­ben sich des­halb auf die Suche nach der »all­täg­li­chen Meta­mor­pho­se der Din­ge«. Ein hier­für sehr bekann­tes Bei­spiel ist das Feu­er­zeug, das vor allem von Jugend­li­chen im All­tag und auf Par­tys nicht nur zum Ent­zün­den von Feu­er, son­dern auch zum Öff­nen von Fla­schen mit Kron­kor­ken ver­wen­det wird. Die drei Autorin­nen spre­chen bei einer sol­chen Zweck­ent­frem­dung von einem soge­nann­ten »non inten­tio­nal Design« (nicht inten­tio­na­lem Design). Hier­mit ist der Gebrauch eines Gegen­stands für einen Zweck gemeint, für den die­ser ursprüng­lich nicht ent­wi­ckelt und vor­ge­se­hen wurde.

Nicht-inten­tio­na­les Design (NID) fin­det hier­bei täg­lich und zudem welt­weit in jeder Lebens­sphä­re statt. Die Umge­stal­tung von Gegen­stän­den durch Umnut­zung macht sie mul­ti­funk­tio­nal und lässt neue Funk­tio­nen ent­ste­hen, die bei der Ent­wick­lung der Gegen­stän­de noch nicht abseh­bar waren. Die­se neu­en Funk­tio­nen sind häu­fig inno­va­tiv, impro­vi­siert und preis­wert. Für das Design selbst kann die­se Umge­stal­tung von Gegen­stän­den zu einer sehr hilf­rei­chen Quel­le der Inspi­ra­ti­on werden.

Neben der Umnut­zung eines Feu­er­zeugs gibt es noch unzäh­li­ge ande­re Bei­spie­le. So die­nen Büro­klam­mern zum Stress­ab­bau, Plas­tik­tü­ten wer­den zum Regen­schutz, und Bier­de­ckel, die eigent­lich zum Über­mit­teln von Wer­be­bot­schaf­ten die­nen, wer­den zum Berech­nungs­uten­sil in Knei­pen. Die drei Autorin­nen gehen sogar soweit, dass sie beim Able­gen eines Arbeits­hel­mes auf Bau­stel­len­ma­te­ri­al bereits von »non inten­tio­nal design« sprechen.

Das Werk der drei Autorin­nen erstreckt sich auf rund 180 Sei­ten. Lei­der kom­men häu­fig eine sehr kom­ple­xe Spra­che und ver­schach­tel­te Satz­kon­struk­te zum Ein­satz. »Design durch Gebrauch« ist recht weit von einem Buch für den prak­ti­schen Arbeits­all­tag von Gra­fik­de­si­gnern und Gestal­tern ent­fernt, bie­tet jedoch für all die­je­ni­gen, die sich mit dem The­ma Design­for­schung und Design­theo­rie detail­lier­ter aus­ein­an­der­set­zen möch­ten, unge­wöhn­li­che Denk­an­sät­ze, in einem For­schungs­ge­biet das bis dato eher stief­müt­ter­lich behan­delt wurde.

Eben­so bie­tet das Werk eine Auf­wer­tung der per­sön­li­chen Arbeits- und Doku­men­ta­ti­ons­me­tho­den und zeigt deut­lich auf, dass das The­ma Design­for­schung in Zukunft noch mehr behan­delt wer­den sollte.


Ausgabe Nr. 2, Frühjahr 2013

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