Buchbesprechung

»Design als autonome akademische Disziplin konturieren«

Claudia Mareis sieht Design als Wissenskultur

Eine Rezension von Markus Gillhuber


Wel­chen Bezug hat das Design zu Wis­sen­schaft und For­schung? Die­ser Fra­ge geht Clau­dia Mareis in ihrer Dis­ser­ta­ti­on auf den Grund, die 2011 unter dem Titel »Design als Wis­sens­kul­tur – Inter­fe­ren­zen zwi­schen Design- und Wis­sens­dis­kur­sen seit 1960« als Buch erschie­nen ist. Mareis greift dabei design­spe­zi­fi­sche und dis­zi­pli­nen­über­grei­fen­de Dis­kur­se auf, um zu unter­su­chen, wie sich die Design­wis­sen­schaft ent­wi­ckelt hat und auf wel­che Wei­se sich die Gren­zen von Design­for­schung, Kunst und Wis­sen­schaft über­la­gern. Sie will Klar­heit schaf­fen, es geht ihr dar­um, das Design »als auto­no­me aka­de­mi­sche Dis­zi­plin zu kon­tu­rie­ren« (S. 10).

Die Schwei­ze­rin Clau­dia Mareis beschäf­tigt sich mit Design sowohl in der Theo­rie als auch in der Pra­xis. Sie ist Design- und Kul­tur­wis­sen­schaft­le­rin und arbei­tet dabei selbst noch als Gestal­te­rin. An der Hoch­schu­le für Gestal­tung und Kunst FHNW Basel, ist Mareis seit Beginn des Jah­res 2013 Pro­fes­so­rin für Design­theo­rie und -for­schung. Zudem lei­tet sie dort das Insti­tut Expe­ri­men­tel­le Design- und Medi­en­kul­tu­ren. Neben der Vor­stands­mit­glied­schaft in der Deut­schen Gesell­schaft für Design­theo­rie und -for­schung (DGTF) ist Mareis Mit­glied im Board of Inter­na­tio­nal Rese­arch in Design (BIRD) des Birkhäuser-Verlags.

Ihr Buch folgt einem schlüs­si­gen Auf­bau: Ein­lei­tend stellt die Autorin die »Design­for­schung im his­to­ri­schen Kon­text« (S. 23 ff.) vor und ermög­licht dem Leser dadurch einen Ein­stieg in die The­ma­tik. Dabei geht sie vor allem auf die »Design Methods Move­ment« der 60er-Jah­re ein, einer inter­dis­zi­pli­nä­ren Bewe­gung zur Sys­te­ma­ti­sie­rung von Design, von der sowohl die Design­aus­bil­dung als auch die Design­pra­xis pro­fi­tie­ren soll­ten. Außer­dem beleuch­tet sie die suk­zes­si­ve Insti­tu­tio­na­li­sie­rung von Design­for­schung an Kunsthochschulen.

Vom All­ge­mei­nen zum Kon­kre­ten: Wie sich das Selbst­ver­ständ­nis von Desi­gnern im Lau­fe der Zeit ver­än­dert hat, the­ma­ti­siert Mareis anhand von Bei­spie­len im zwei­ten Kapi­tel ihres Buches »Design­auf­fas­sun­gen vom Ein­heits­kunst­werk zum Reflec­ti­ve Practitioner«(S. 87 ff.).

Damit ist die Grund­la­ge gelegt, um ele­men­ta­re Fra­gen zu stel­len: Im drit­ten Kapi­tel »Vom Wis­sen im Design und sei­nen dis­kur­si­ven Leit­mo­ti­ven« (S.175 ff.) geht es um Begrif­fe, Kon­zep­te und Ideen, die bis­her in der Design­theo­rie und -for­schung als selbst­ver­ständ­lich ange­se­hen wur­den. Wie Erkennt­nis­se in Design und Wis­sen­schaft gene­riert und defi­niert wer­den, unter­sucht Mareis dabei anhand von meh­re­ren Leit­mo­ti­ven. Und schließ­lich geht sie über die Gren­zen des Designs hin­aus. Im vier­ten Kapi­tel, »Inter­fe­ren­zen und Grenz­zie­hun­gen zwi­schen Design, Kunst und Wis­sen­schaft« (S. 385 ff.), unter­sucht Mareis, ob sich beim Erkennt­nis­ge­winn Über­schnei­dun­gen zwi­schen Design, Kunst und Wis­sen­schaft aus­ma­chen lassen.

Durch die Ver­net­zung his­to­ri­scher Dis­kur­se gelingt es Mareis, dem Leser den gegen­wär­ti­gen Stand der Design­for­schung ver­ständ­li­cher zu machen. Zudem geht aus ihren Unter­su­chun­gen her­vor, wie unter­schied­li­che his­to­ri­sche Posi­tio­nen, auch aus ande­ren Dis­zi­pli­nen, den heu­ti­gen Dis­kurs über »Design als Wis­sens­kul­tur« prägen.

Aller­dings hat die dif­fe­ren­zier­te Her­an­ge­hens­wei­se der Autorin ihren Preis: Sie for­dert vol­le Kon­zen­tra­ti­on. Die­ses Buch ist kei­ne Bett­lek­tü­re, aber loh­nend für Desi­gner mit Inter­es­se an Forschung.


Ausgabe Nr. 5, Herbst 2014

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