Buchbesprechung

»Bewusstes Handeln zur Herstellung sinnvoller Ordnung«

John A. Walkers Geschichte des Designs

Als John A. Wal­kers »Design­ge­schich­te« 1989 in Lon­don das ers­te Mal erschien, war die Design­ge­schich­te noch eine sehr jun­ge Dis­zi­plin. Die Fach­prak­ti­ker began­nen erst­mals, ihr eige­nes Han­deln gezielt in eine his­to­ri­sche Rich­tung zu unter­su­chen. Laut Wal­ker war der genaue For­schungs­ge­gen­stand dabei lei­der nicht ein­deu­tig. Sei­ner Mei­nung nach sei­en Design­ge­schich­te und die Geschich­te des Designs zwei ver­schie­de­ne Din­ge. Design­ge­schich­te soll eine neue wis­sen­schaft­li­che Dis­zi­plin sein, die ver­sucht, Design als ein gesell­schaft­li­ches und his­to­ri­sches Phä­no­men zu beschrei­ben. Im Wesent­li­chen die­ne die Design­ge­schich­te dazu, »die Erfor­schung der Design­ent­wick­lung zu ver­tie­fen und zu unter­stüt­zen«. (S. 31) Sein Buch ist dabei die ers­te theo­re­ti­sche Abhand­lung über alle Theo­rien und Vor­ge­hens­wei­sen die­ser damals noch neu­en Thematik.

An das The­ma der Design­ge­schich­te wird der Leser Stück für Stück her­an­ge­führt. Die ers­ten Kapi­tel beschäf­ti­gen sich mit der his­to­ri­schen Ent­wick­lung des Designs aus der Kunst­ge­schich­te und beschreibt damit ein ers­tes For­schungs­ge­biet die­ser Fach­rich­tung. Anschlie­ßend geht Wal­ker auf die Rol­le des Desi­gners in der Gesell­schaft der neun­zi­ger Jah­re ein und stellt die Fra­ge, wie sehr Design und Hand­werk in Bezie­hung zuein­an­der ste­hen. Mit einer Beschrei­bung ver­schie­de­ner Pro­ble­me, mit denen Wis­sen­schaft­ler bei der Geschichts­schrei­bung zu kämp­fen haben, bringt er den Leser näher an das Teil­ge­biet der Geschich­te und somit näher an die Design­ge­schich­te her­an. Im aus­führ­lichs­ten, dem sieb­ten Kapi­tel erläu­tert er, wo die wis­sen­schaft­li­chen Ansät­ze in der Design­ge­schich­te lie­gen, und hebt dabei die Bedeu­tung der inter­dis­zi­pli­nä­ren For­schung her­vor. Die let­zen Kapi­tel befas­sen sich mit den Begrif­fen »Stil« und »Geschmack«. Dar­in bezieht sich der Autor weni­ger auf die wis­sen­schaft­li­chen Kri­te­ri­en der Design­ge­schich­te, dafür mehr auf ästhe­ti­sche Aspek­te im Design.

Das Buch »rich­tet sich an Stu­die­ren­de im letz­ten Jahr des Grund­stu­di­ums oder an Stu­die­ren­de, die sich auf die Magis­ter­prü­fung in Design­ge­schich­te vor­be­rei­ten« (S. 6). Mit­tels einer ein­fa­chen Spra­che schafft es der Autor, genau die­se Leu­te anzu­spre­chen, jedoch auf eine ande­re Art und Wei­se wie zunächst ver­mu­tet. Doch dazu gleich mehr. Jedes Unter­ka­pi­tel ist eine eige­ne kur­ze Abhand­lung, die immer ähn­lich struk­tu­riert ist. Der Autor schil­dert jeweils zu Beginn sei­ne Ansich­ten zum The­ma und nutzt anschlie­ßend zahl­rei­che Lite­ra­tur, um sei­ne Aus­füh­run­gen zu begrün­den, zu unter­mau­ern oder zu ver­an­schau­li­chen. Zum Ende eines jeden Absat­zes erzeugt er durch eine neue The­se den Über­gang zum kom­men­den (Unter-)Kapitel. So ste­hen die ein­zel­nen Kapi­tel zwar nicht völ­lig für sich, könn­ten aber auch als kur­ze Auf­sät­ze funktionieren.

Ein Buch, das anfäng­lich den Anschein mach­te, eine tro­cke­ne Abhand­lung über eine »neue« wis­sen­schaft­li­che Dis­zi­plin im Design­be­reich zu sein, ent­puppt sich als durch­aus inter­es­sant und lehr­reich. Es zeigt – ohne Bil­der, aber in ein­fa­chen Wor­ten – was Design in sei­nen Grund­fes­ten ist, wo es her­kommt und was es aus­macht. Dabei lernt man nicht nur, was die Auf­ga­be eines Desi­gners heu­te ist, son­dern kann es anschlie­ßend auch in Wor­te fas­sen (vgl. S. 64–68).

Der Autor bedient sich der The­ma­tik »Design­ge­schich­te«, um eine gan­ze Dis­zi­plin zu erklä­ren und zu beschrei­ben. Dabei geht er erst spät auf das eigent­li­che Kern­the­ma ein. Er schafft eine Grund­la­ge beim Leser, in dem er alle wich­ti­gen Teil­aspek­te vor­her erklärt, und lässt dabei ein ziem­lich genau­es und detail­lier­tes Bild des Design-Begriffs und Beruf­felds ent­ste­hen. Wal­ker schreibt unter ande­rem: »Design ist bewuss­tes Han­deln zur Her­stel­lung sinn­vol­ler Ord­nung« (S. 44) und nimmt damit direk­ten Bezug auf die Hal­tung künf­ti­ger Gestal­ter Gene­ra­tio­nen. Des­halb ist die­ses Buch gera­de für Stu­den­ten und Neu­lin­ge im Design ein guter Rat­ge­ber. Es ver­sucht, die Geschich­te des Designs zu ord­nen, und geht dabei auf die ver­schie­de­nen Arten und Teil­ge­bie­te der Dis­zi­plin ein. Wenn man das Buch gele­sen hat, hat man jeden­falls begrif­fen, wie weit­grei­fend Design sein kann, wo sich Kunst, Design und Hand­werk tref­fen und war­um Design schon seit vie­len Jah­ren ein so wich­ti­ger Bestand­teil unse­rer Gesell­schaft ist.