Illustrationen

Placeholder (2019)

Twin Tower, NY, 2015

Von Sinje Dillenkofer


 
Ihre Arbeit »Platz­hal­ter« bestehe, so Sin­je Dil­len­ko­fer, aus 64 Foto­gra­fien aus der Vogel­per­spek­ti­ve: Bei einem Bild han­delt es sich um die Auf­sicht auf den Ground Zero in New York und bei 63 Moti­ven um Ansich­ten auf Quer­schnit­te von Stahl­trä­gern. Sie sind Über­res­te der Twin Tower des ehe­ma­li­gen World Trade Cen­ters (1973 – 2001) und wur­den bün­dig auf die Ebe­ne des Fuß­bo­dens des Memo­ri­al Muse­ums abge­schlif­fen, sodass sie dort heu­te begeh­bar sind.

Line­ar auf zwei Qua­dra­te ver­teilt stütz­ten ins­ge­samt 84 Stahl­trä­ger den Nord­tower und 73 den Süd­tower. Die Twin Tower wur­den am 26.2.1993 bei einem Bom­ben­an­griff beschä­digt und am 11.9.2011 durch isla­mis­ti­sche Ter­ror­an­grif­fe zer­stört. Dabei star­ben 2753 Menschen.

Die Pho­to­gra­phien der gra­fisch abs­trakt und meist qua­dra­tisch anmu­ten­den Lini­en­ge­bil­de erin­nern an »Fuß­ab­drü­cke«, »Spu­ren«, Reli­qui­en und schei­nen die qua­dra­ti­schen For­men der Bau­lü­cken, in denen einst die Gebäu­de der Twin Towers stan­den, zu wie­der­ho­len. Sie »ste­hen« als »Platz­hal­ter« für das phy­sisch bau­li­che Ver­sa­gen und im über­tra­ge­nen Sin­ne für das des Kapi­ta­lis­mus sowie für die Fra­ge, wie kri­tik­fä­hig die­ses Sys­tem der Kunst gegen­über sein kann, von dem Künst­ler, Kura­to­ren und Muse­en gleich­zei­tig wirt­schaft­lich über­wie­gend abhän­gig sind.

In der Aus­stel­lung im Muse­um wur­den alle 64 Bil­der auf einer Wand von acht Metern Höhe »auf­ge­rich­tet« instal­liert. Im meta­pho­ri­schen Sinn schei­nen sich so die einst welt­weit höchs­ten Bau­kör­per, die mit dem Anschlag kol­la­bier­ten und am Boden lagen, in Form die­ser schwarz­wei­ßen Beweis­ta­feln vor dem Besu­cher wie­der »auf­zu­rich­ten«. Im Muse­um, als dem zen­tra­len insti­tu­tio­nel­len Ort kol­lek­ti­ven Erin­nerns, Ver­wah­rens und Ver­ges­sens, stel­len sie uns vor unge­lös­te Fra­gen nach Macht, Ein­fluss und unse­rer gemein­sa­men Zukunft.

(Bild 14 bis 16, Kunst­mu­se­um Stutt­gart, 2019.)