Es geht also auch um die »Usa­bi­li­ty« der Doku­men­ta­tio­nen, die den Zugang zum Sys­tem ermög­li­chen, aber in dem Sin­ne, dass sie den Ver­brau­cher als Kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­ge­bot zur Ver­fü­gung ste­hen, es dem Redak­teur also gelin­gen muss, dass die Nut­zer des Her­des die Doku­men­ta­ti­on als Gesprächs­an­ge­bot annehmen.

Gebrauchs­an­lei­tung, Bedie­nungs­an­lei­tung, Mon­ta­ge­an­lei­tung sind jedoch Begrif­fe, die sug­ge­rie­ren, dass es sich um Anwei­sun­gen han­delt und das der- oder die­je­ni­ge, die die Anwei­sun­gen geben, auf­grund ihrer Auto­ri­tät auch in die­ser Funk­ti­on aner­kannt wer­den, also nicht über­zeu­gen müs­sen, son­dern eben anwei­sen oder anlei­ten kön­nen: Sie oder er erklärt und da die Rezi­pi­en­ten die­se Erklä­run­gen brau­chen, neh­men sie die­se auch zur Kenntnis.

Frei­lich gehen Redak­teu­re schon lan­ge nicht mehr davon aus, dass es Auf­ga­be der Leser sei, den Text auf jeden Fall zu ver­ste­hen. Des­halb bemü­hen sie sich, der For­de­rung nach Ver­ständ­lich­keit nach­zu­kom­men. Und wenn wir in die Lite­ra­tur schau­en, die die Arbeit der tech­ni­schen Redak­teu­re för­dern will, steht die For­de­rung nach Ver­ständ­lich­keit an pro­mi­nen­ter Stel­le mit dem heh­ren Ziel, »den Nut­ze­rin­nen und Nut­zern die opti­ma­le Nut­zung des Gerä­tes oder der Soft­ware zu ermög­li­chen. Dafür muss die Doku­men­ta­ti­on ver­ständ­lich und nut­zungs­freund­lich sein«, schrei­ben Hen­nig und Tjarks-Sob­ha­ni in der Ein­lei­tung des von ihnen her­aus­ge­ge­be­nen Ban­des »Ver­ständ­lich­keit und Nut­zungs­freund­lich­keit von tech­ni­scher Doku­men­ta­ti­on«.[4] Ohne die­ser Aus­sa­ge zu wider­spre­chen, möch­te ich die The­se auf­stel­len, zu glau­ben, dies füh­re dann zur guten Anlei­tung, ist ein Trugschluss.

Im Grun­de müs­sen sich Redak­teu­re bewusst sein, dass sie die glei­che Rol­le haben wie Red­ner oder Autor, die Rhe­to­rik spricht vom Ora­tor. Und sie erklärt, wel­che Auf­ga­ben ein Ora­tor hat. Auch für jedes doce­re, also für jede Form des Beleh­rens gilt: Wie mache ich dies ohne zu lang­wei­len und ohne recht­ha­be­risch zu klin­gen? Ich möch­te Ihnen im Fol­gen­den dar­le­gen, was tech­ni­sche Redak­teu­re davon haben, wenn sie sich als Ora­to­ren ver­ste­hen und sich des­halb mit der Tech­nik der Rhe­to­rik beschäf­tigt, um die­se für ihre Tätig­keit zu nutzen.

Wenn sich Redak­teu­re in der Rol­le des Ora­tors sehen, dann ver­ste­hen sie es als ihre Auf­ga­be, den Rezi­pi­en­ten zu über­zeu­gen. Wovon? Zum einen geht es dar­um, sowohl den spä­te­ren Ver­käu­fer als auch den spä­te­ren Nut­zer des Gerä­tes vom Nut­zen oder der Qua­li­tät des Gerä­tes zu über­zeu­gen. Dabei schrei­ben sie selbst­ver­ständ­lich nicht die Wer­be­bro­schü­re. Aber Rhe­to­rik ist laut Aris­to­te­les die Kunst zu zei­gen, was an den Din­gen glaub­wür­dig ist. Über­tra­gen auf einen Induk­ti­ons­herd heißt das z. B. dar­zu­le­gen, in wel­cher Wei­se der Gebrauch
• siche­rer ist als der ande­re Her­de? Was also bedeu­tet kon­trol­lier­te Wärmezufuhr?
• wie ein rich­ti­ger Umgang zum Ener­gie­spa­ren und damit zum Umwelt­schutz beiträgt?
• was denn nun zur Zeit­er­spar­nis beim Kochen führt?

Und gera­de weil tech­ni­sche Redak­teur kei­ne Wer­be­bro­schü­re schrei­ben, son­dern einen vor­der­grün­dig sach­li­chen Text, eine gesetz­lich vor­ge­schrie­be­ne Pro­dukt­bei­la­ge, die Geset­zen, Nor­men und Richt­li­ni­en ent­spricht, die ver­ein­heit­lich­te Stan­dards nutzt, kurz gesagt Pro­dukt von Infor­ma­ti­ons­ma­nage­ment ist, kommt es im Beson­de­ren dar­auf an, den Rezi­pi­en­ten zu über­zeu­gen, dass es sich lohnt, ihren so mühe­voll erstell­ten Text über­haupt zu lesen. Denn auch wenn die domi­nan­ten Wir­kungs­in­ten­tio­nen Sach­lich­keit und Funk­tio­na­li­tät sind, gibt es unwei­ger­lich Neben­er­schei­nun­gen, die ent­schei­dend dazu bei­tra­gen, wie ein Text auf­ge­nom­men wird. Jeder kennt dies bei tech­ni­schen Zeich­nun­gen. Hier erweckt die Klar­heit der Form Wohl­ge­fal­len und hat gera­de des­halb Über­zeu­gungs­kraft. Die prag­ma­ti­sche Bestim­mung der Anlei­tung macht bestimm­te For­men erfor­der­lich, sie hat aber immer auch einen Spiel­raum. Weil die Pro­duk­te – inklu­si­ve der Anlei­tun­gen – mit­ein­an­der kon­kur­rie­ren, schafft der Wett­be­werb eine ago­na­le Situa­ti­on, die jeden Redak­teur von Gebrauchs­an­lei­tun­gen zum Ora­tor macht.


Ausgabe Nr. 5, Herbst 2014

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