Wäh­rend die­je­ni­gen, die ein Pro­dukt mon­tie­ren müs­sen, Anwei­sun­gen suchen, die ihnen einen logi­schen Hand­lungs­ab­lauf vor­ge­ben, ist vor allem die gebil­de­te Kun­din kei­ne Freun­din von Anwei­sun­gen, will aber trotz­dem schnell erken­nen, wie die Din­ge funk­tio­nie­ren, und obwohl sie kei­ne Schu­lungs­an­wei­sung in die Hand neh­men will, möch­te sie durch die Doku­men­ta­ti­on ler­nen, die Viel­fal­ten ihres Her­des zu nutzen.

Inso­fern ist der Rede­ge­gen­stand nicht sicher. Und weil es der Über­zeu­gungs­ar­beit bedarf, ergibt sich aus der Ana­ly­se der not­wen­di­ge Ver­ständ­lich­keits­grad: genus humi­le. Die Lesen­den sind zwar nicht wirk­lich unin­ter­es­siert, aber sie gehen – wie unbe­rech­tigt auch immer – davon aus, dass die Erklä­run­gen lang­wei­lig sind, zu vie­le vor­ge­schrie­be­ne Details ent­hal­ten, viel­leicht auch zu schwer ver­ständ­lich sind. Der Redak­teur muss also die Auf­merk­sam­keit gewin­nen, sie ist nicht selbst­ver­ständ­lich. Zudem bedarf es des Wohl­wol­lens der Lesen­den, auch das ist nicht vor­aus­zu­set­zen, dafür gibt es zu vie­le Vor­ur­tei­le gegen­über den Pro­duk­ten der tech­ni­schen Redak­teu­re oder ein­fach zu vie­le schlech­te Anlei­tun­gen. Im fol­gen­den zitie­re ich aus Ergeb­nis­sen einer klei­nen Umfra­ge unter Freun­den und Kol­le­gen, die ich über ihre Erfah­run­gen mit Bedie­nungs­an­lei­tun­gen befragt habe. Die häu­figs­ten Ant­wor­ten waren: eine zu schwer ver­ständ­li­che Spra­che, zu tech­nisch, schlech­te Über­set­zun­gen, vor­bei am Lebens­all­tag … Für die Nut­zen­den wer­den Bedie­nungs­an­lei­tun­gen zum genus obscurum, also zu schwer durch­schau­ba­ren Produkten.

Ich aber behaup­te nun, dies sei auf­zu­bre­chen, wenn tech­ni­sche Redak­teu­re ihre Anlei­tung als berat­schla­gend ver­ste­hen, was kei­nes­wegs gegen die gefor­der­te Sach­lich­keit spricht. Die Rhe­to­rik unter­schei­det drei Rede­gat­tun­gen: die Gerichts­re­de, die­se urteilt über die Ver­gan­gen­heit; die Fest­re­de, die­se ver­bleibt in der Gegen­wart; und die berat­schla­gen­de, in der es um das Tref­fen von Ent­schei­dun­gen für die Zukunft geht. Frei­lich ist eine Bedie­nungs­an­lei­tung kei­ne poli­ti­sche Rede, aber sie will ver­deut­li­chen, wie in Zukunft mit etwas best­mög­lich umge­gan­gen wer­den soll­te, um ein Gerät sinn­voll zu nut­zen. Tech­ni­sche Redak­teu­re wol­len kei­ne Lob­re­de schrei­ben, also nicht besag­te Wer­be­bro­schü­re, sie wol­len nicht über schon getrof­fe­ne Ent­schei­dun­gen rich­ten, son­dern Rat­schlä­ge für den zukünf­ti­gen Umgang geben. Nun sag­te schon Bert Brecht, dass Rat­schlä­ge immer auch Schlä­ge sind, und damit stellt sich das Pro­blem, wie es gelingt, dass Anlei­tun­gen über­haupt Gehör finden.

War­um erken­nen nun gera­de tech­ni­sche Redak­teu­re, was das Pro­blem sein könn­te, was über­haupt über die gesetz­li­chen und tech­ni­schen Anfor­de­run­gen hin­aus Gegen­stand ihrer Schrei­be sein muss. Der Poli­ti­ker, Red­ner und Rhe­to­ri­ker Cice­ro gibt sei­nen Schü­lern den Rat, »jede Sache, die er behan­deln soll, sorg­fäl­tig und gründ­lich zu stu­die­ren« (Cice­ro, de ora­to­re, 2,99) Dafür brau­che er Natur­an­la­gen, Kennt­nis­se und Erfahrungen.

Natur­an­la­gen heißt in unse­rem Fall, die Begeis­te­rung sowohl für tech­ni­sche Fra­gen als auch für die Mög­lich­kei­ten der Spra­che als Ver­mitt­lungs­in­stanz müs­sen von vorn­her­ein mit­ge­bracht werden.

Kennt­nis­se zu haben oder zu erwer­ben, bezieht sich dann sowohl auf das Ver­ständ­nis für die tech­ni­schen Pro­duk­te, die tech­ni­sche Spra­che, das kul­tu­rel­le Wis­sen wie etwa der All­tag der Nut­zen­den, aus dem sich deren Ver­hält­nis zu tech­ni­schen Gerä­ten ergibt. Die hohe For­de­rung an jeden Ora­tor, auf einer guten All­ge­mein­bil­dung auf­bau­en zu kön­nen, gilt ins­be­son­de­re für den, der den Anspruch erhebt, ande­re auf Mög­lich­kei­ten erst hin­wei­sen zu wollen.

Und so viel sie auch stu­die­ren wer­den, wirk­lich gut wer­den Redak­teu­re genau wie jeder ande­re Ora­tor erst durch das Tun, mit­hin durch Erfah­rung. Wie fin­den sie den Stoff für ihre Anlei­tung – rhe­to­risch gespro­chen: Was gehört in die inven­tio?
• Infor­ma­ti­on der Her­stel­ler: Was will und was ver­spricht sich ein Unter­neh­men durch die Her­stel­lung und Ver­trei­bung des Produktes?
• Entwicklerinformation
• Juris­ti­sche Anfor­de­run­gen: Geset­zes­tex­te, Richtlinien
• Qua­li­tät des Pro­duk­tes: Nor­men, Abnah­me­pro­ze­du­ren, Zertifizierungsformen
• Anfor­de­run­gen: durch sorg­fäl­ti­ges Stu­di­um der Umstän­de, die im Zusam­men­hang ste­hen mit dem Gebrauchs­ge­gen­stand, also ein sys­te­ma­ti­sches Ein­drin­gen in die mög­li­chen Gebrauchssituationen
• Aus­wir­kun­gen von Glo­ba­li­sie­rung: Welt­wis­sen, Infor­ma­ti­ons­ver­net­zung, Sprachkenntnisse
• Her­stel­lung: Ein­blick in Pro­duk­ti­ons­ab­läu­fe, Ein­bin­dung in den »Work­flow«
• Pro­dukt- und Gefahrenanalyse


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