Mythen des Alltags

Schlüsselschüssel

Der einzig wahre Platz für den Schlüssel

Von Lisa Klatt


Nach einem lan­gen Arbeits­tag kommt man nach Hau­se, parkt das Auto auf der Stra­ße vor dem Wohn­haus, steigt aus, läuft zum Haus, schließt die Haus­tü­re auf, schleppt sich und sei­ne Ein­käu­fe in den 4. Stock, ver­sucht die Woh­nungs­tü­re auf­zu­schlie­ßen, ohne die Ein­kaufs­tü­ten fal­len zu las­sen, schiebt die Tür auf, stellt die Tüten ab, schubst die Türe hin­ter sich zu, streift sich die Schu­he von den Füßen und schmeißt den Schlüs­sel in die Schüssel.

Jeder kennt sie. Vie­le haben eine in in der Woh­nung, im Haus – hin­ter vie­len Haus- und Woh­nungs­tü­ren ist sie zu fin­den: die Schlüs­sel­schüs­sel. Viel­leicht nicht unbe­dingt als Schüs­sel, nicht immer in der glei­chen Vari­an­te oder Art und Form. Aber fast jeder hat einen bestimm­ten Abla­ge­ort für sei­nen Schlüs­sel – ob Schüs­sel, Tel­ler, Brett, eine bestimm­te Stel­le auf einem Schrank, Tisch oder Side­board, ein Haken an der Wand oder ein gekauf­tes Gad­get, extra nur für die­sen einen Zweck: nicht den Schlüs­sel zu ver­lie­ren, zu ver­le­gen oder zu vergessen.

Schlüs­sel sind das Werk­zeug zum Ver­schlie­ßen und Öff­nen eines Schlos­ses, z. B. eines Tür­schlos­ses.[1] Es gibt vie­le Arten von Schlüs­seln, dar­un­ter Bau­schlüs­sel, Bunt­bart­schlüs­sel, Drei­kant­schlüs­sel, Klein­zy­lin­der­schlüs­sel, Nach­schlüs­sel und Zylin­der­schlüs­sel.[2] Der Auf­bau eines Schlüs­sels besteht aus ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten; dazu gehö­ren die Rei­te, das Gesenk, der Halm und der Bart. Frü­her bestan­den Schlüs­sel meist aus Holz, spä­ter - und heu­te aus­schließ­lich - aus Metall. Schon in der Bron­ze­zeit, ab ca. 1300 v. Chr., wur­den Schlüs­sel her­ge­stellt, die­se waren 30 bis 50 cm lang[3], heu­te meist weni­ge Zen­ti­me­ter, um die 5-7 cm. Meh­re­re Schlüs­sel an einem (Schlüssel)Ring erge­ben ein Schlüs­sel­bund. Pro Schloss gibt es im Regel­fall zwei Schlüs­sel, außer bei Woh­nungs­schlüs­sel, da gilt der Grund­satz: so vie­le Schlüs­sel wie Bewoh­ner.[4] Falls mehr Schlüs­sel gebraucht wer­den, kann man zum Schlüs­sel­dienst gehen, wo die Siche­rungs­kar­te[5] vor­ge­legt wer­den muss. Die Siche­rungs­kar­te bekommt der Käu­fer einer Schließ­an­la­ge als Eigen­tums­nach­weis, damit er den Schlüs­sel nach­ma­chen kann. Lie­ber einen Schlüs­sel zu viel, als einen zu wenig. Für den Fall, dass man sich den­noch aus­sperrt, gibt es den Schlüs­sel­dienst, der dabei hilft, wie­der in die eige­ne Woh­nung zu gelan­gen. Lei­der kann dies sehr kost­spie­lig enden. Eine Not­öff­nung kann unter der Woche bis zu 100 €, nachts und am Wochen­en­de sogar bis zu 250 € kos­ten.[6] Beson­ders teu­er wird es, wenn man in einem Mehr­fa­mi­li­en­haus wohnt, sei­nen Schlüs­sel ver­liert und dar­auf­hin im gesam­ten Gebäu­de alle Schlös­ser aus­ge­tauscht und alle Schlüs­sel erneu­ert wer­den müs­sen. Das Glei­che gilt für öffent­li­che Gebäu­de oder Büro­ge­bäu­de. Gehen wir ein­mal davon aus, jeder Mensch in Deutsch­land besitzt nur drei Schlüs­sel (Haus, Auto und Brief­kas­ten), wären das schon 249600000 Schlüs­sel. Etwa alle 35 Minu­ten geht in Deutsch­land ein Schlüs­sel ver­lo­ren. Das sind 800000 ver­lo­re­ne Schlüs­sel pro Jahr und ein Gesamt­scha­den von 100 Mil­lio­nen Euro.[7]

Man ist wie­der spät dran, eigent­lich soll­te man schon längst unter­wegs sein. Schu­he und Jacke sind ange­zo­gen, die Tasche ist gepackt. Die Hand greift schon auto­ma­tisch in Rich­tung Schlüs­sel­schüs­sel, die Augen dre­hen sich lang­sam hin­ter­her – und kurz bevor die Hand die Schüs­sel erreicht, sehen die Augen, dass die Schüs­sel leer ist. Die Hän­de tas­ten den Kör­per ab – ohne Ergeb­nis. Dann fängt das gro­ße Suchen an. Ist er viel­leicht noch in der Hosen­ta­sche von ges­tern, in die Sofa­ril­le gerutscht, irgend­wo hin­ein­ge­fal­len oder steckt er noch im Auto?[8] Nach lan­gem Suchen, einer noch län­ge­ren Ver­spä­tung fin­det man ihn unterm Bett, weil er beim Aus­zie­hen der Hose ges­tern Abend her­un­ter und dar­un­ter gefal­len ist.

Es wer­den viel Zeit und beson­ders Ner­ven gespart, wenn man sich hin­ter der Ein­gangs­tü­re einen fes­ten Platz für sei­nen Schlüs­sel plat­ziert und die­sen in sei­nen All­tag integriert …