Buchbesprechung

»Sie erreichen das Ziel«

Isabel Garcia über die größten Kommunikationsirrtümer

Eine Rezension von Lisa Klatt


Wer weg­schaut, wäh­rend er spricht, wir­ke unsi­cher oder lüge. (S. 27) Wer wäh­rend einer Prä­sen­ta­ti­on her­um­läuft, wir­ke unse­ri­ös. (S. 45) Aber wer hüft­breit (S. 167) ste­he, wir­ke seri­ös. Der­lei The­men bespricht Isa­bel Gar­cia in ihrem Buch und räumt, so der Unter­ti­tel des Ban­des, mit den »größ­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­irr­tü­mern« auf. Gar­cia wird zu den am Markt füh­ren­den Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­ten Deutsch­lands gezählt und ver­öf­fent­lich­te meh­re­re erfolg­rei­che Bücher und Hör­bü­cher, sie ist pro­fes­sio­nel­le Spre­che­rin und Vor­trags­red­ne­rin und betreibt einen Pod­cast zu dem The­ma »Gut reden kann jeder« (S. 2).

Gar­cia zeigt neu­ar­ti­ge Her­an­ge­hens- und Denk­wei­sen für einen bes­se­ren Auf­tritt, eine sou­ve­rä­ne­re Spra­che und eine kla­re­re Aus­sa­ge. »Rhe­to­rik wird von vie­len so defi­niert, dass wir mit Kom­mu­ni­ka­ti­on unse­re Zie­le errei­chen. Ver­bal und non-ver­bal. Dabei spielt es kei­ne Rol­le, ob Sie jeman­den von Ihren Ideen, Pro­jek­ten, Pro­duk­ten oder von Ihrer Per­son über­zeu­gen möch­ten. Sie haben ein Ziel. Sie kom­mu­ni­zie­ren. Sie errei­chen das Ziel. Das ist der Plan.« (S. 9) Gar­cia unter­sucht die geläu­figs­ten Regeln, die ihr unsin­nig vor­kom­men und sich häu­fig als Mythen her­aus­stel­len. Im Zuge ihrer Unter­su­chung spricht sie mit vie­len namen­haf­ten Per­so­nen, dar­un­ter Pro­fes­so­ren, Exper­ten für Psy­cho­lo­gie, Ver­hal­tens­the­ra­pie, Kör­per­wir­kung, Rhe­to­rik und Kom­mu­ni­ka­ti­on (S. 231) und stellt Bezü­ge zur Fach­li­te­ra­tur her. 

Die Kapi­tel des Buches sind ein­zel­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­irr­tü­mer gewid­met, 18 ver­schie­de­ne The­men wer­den behan­delt. Jedes Kapi­tel beginnt mit einer Kapi­tel­trenn­sei­te auf der oben das The­ma, in der Mit­te der »Mythos« (S. 15) und unten ein kur­zer Teaser des Kapi­tels steht. Dar­auf­hin wird auf meh­re­ren Sei­ten das jewei­li­ge The­ma auf­ge­zeigt und erklärt. Zum Abschluss jedes Kapi­tels gibt es »#Bes­ser­spre­cher­tipps« (S. 24), die den Inhalt des jewei­li­gen Kapi­tels in kur­zen Punk­ten zusam­men­fas­sen und die Kern­bot­schaf­ten gebün­delt aufzeigen. 

In Kapi­tel neun geht es um den Mythos »#aber«: »Sagen Sie nie ABER. Sagen Sie dafür UND.« (S. 129). Das Wort Aber wer­de meist ver­wen­det, um eine Aus­sa­ge abzu­schwä­chen. Es gebe drei ver­schie­de­ne Mög­lich­kei­ten, ein Aber ein­zu­set­zen. Ers­tens: um »eine nega­ti­ve Aus­sa­ge zu rela­ti­vie­ren« (S. 130). Zwei­tens: als iro­ni­schen, leicht angrei­fen­den »Humor« (S. 131). Drit­tens: um »zwei gleich­wer­ti­ge Punk­te gegen­ein­an­der abzu­wä­gen« (S. 131). Oft wür­den Aus­sa­gen mit Aber als nega­tiv gewer­tet. Gar­cia rät, man sol­le sich immer im Vorn­her­ein über­le­gen, in wel­cher Situa­ti­on man das Aber ver­wen­det und in wel­chen nicht, da es schnell die gan­ze Aus­sa­ge in etwas Nega­ti­ves ver­wan­de­le - auch dann, wenn der vor­he­ri­ge Satz posi­tiv sei. Es gebe Situa­tio­nen, in denen man ganz auf das Aber ver­zich­ten und lie­ber auf ande­re Wör­ter zurück­grei­fen soll­te. Zum Bei­spiel bei Feed­back- und Kon­flikt­ge­sprä­chen, da wir in emo­tio­na­len Gesprä­chen dazu nei­gen, alles auf die Gold­waa­ge zu legen. Gar­cia rät dazu, häu­fi­ger die Wor­te »und«, »gleich­wohl«, »sowohl als auch« und »gera­de weil« statt eines Abers zu verwenden.(S. 132) Das schlimms­te Aber sei das »Ja, aber« (S. 133), da man damit dem Gegen­über erst zustim­me und dann dage­gen argu­men­tie­re. Vie­le Bücher über Kom­mu­ni­ka­ti­ons­rhe­to­rik raten des­we­gen, kom­plett auf ein Aber zu ver­zich­ten, aber aus Gar­ci­as Sicht kön­nen Alter­na­ti­ven in man­chen Zusam­men­hän­gen nicht das aus­drü­cken, was ein Aber eben aus­drückt. Hier­bei soll­te man auf die eige­ne inne­re Ein­stel­lung ach­ten und sich über­le­gen, was man rüber­brin­gen möch­te und in wel­cher Art man beim Gegen­über her­über­kom­men möchte. 

Ein wei­te­res Kapi­tel aus Gar­ci­as Buch behan­delt die »#ich­bot­schaf­ten«: »Mit Ich-Bot­schaf­ten kom­mu­ni­zie­ren Sie wert­schät­zen­der.« (S. 207) In die­sem Kapi­tel nimmt Gar­cia Bezug auf den Psy­cho­lo­gen Tho­mas Gor­don und sein Gor­don-Modell. Die­ses Modell besagt, dass »(…) die Men­schen im ers­ten Schritt zuhö­ren und im zwei­ten Schritt dann klar anspre­chen, wie sie sich damit füh­len« (S. 208). Aus­sa­gen wür­den so sach­lich wie mög­lich for­mu­liert, und der Gegen­über bekom­me etwas mit. (S. 208) Gar­cia ist aller­dings der Mei­nung, nur weil ein Satz mit Ich anfängt, sei dies noch lan­ge kei­ne Ich-Bot­schaft. Oft wür­den Ich-Bot­schaf­ten in Kon­flik­ten ver­wen­det, um dem Gegen­über ver­ständ­lich zu machen, wie man sich fühlt oder was man denkt. Je nach For­mu­lie­rung und Ton­la­ge kön­ne das Gegen­über dies aller­dings als Angriff sei­ner Per­son anse­hen. »Wir schau­en bei­de auf die glei­che Situa­ti­on und sehen doch etwas völ­lig Unter­schied­li­ches. Dadurch reden wir anein­an­der vor­bei, weil wir alle Situa­tio­nen unter­schied­lich bewer­ten.« (S. 210) Das Gor­don-Modell macht die unter­schied­li­chen Bewer­tungs­sys­te­me deut­lich. Nach Gar­cia sei es hilf­reich die­se ver­schie­de­nen Bewer­tun­gen zu ken­nen, anstatt sich gegen­sei­tig Vor­wür­fe zu machen. (S. 209)

In den ande­ren Kapi­teln spricht Gar­cia über ver­schie­dens­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­irr­tü­mern, ver­ba­le wie non-ver­ba­le, und zeigt Mög­lich­kei­ten für eine, aus ihrer Sicht, bes­se­re Ver­hal­tens- und Denk­wei­se auf. Sie erwähnt oft die inne­re Ein­stel­lung und das eige­ne Ver­hal­ten ande­ren und sich selbst gegen­über. Oft­mals hel­fe schon eine klei­ne Pau­se, um über alles in Ruhe nach­zu­den­ken und dann erst zu handeln. 

Gar­cia schreibt in einem locke­ren Stil und erzählt alles sehr bild­haft mit­tels Geschich­ten aus ihrem Leben. Dies schafft zum einen eine per­sön­lich Note und zum ande­ren eine leich­te Ver­ständ­lich­keit für das, was sie ver­mit­teln möch­te. Auch lässt sie Bei­spie­le aus Gesprä­chen ein­flie­ßen, an denen sie Mög­lich­kei­ten der Kor­rek­tur und den von ihr emp­foh­le­nen Kom­mu­ni­ka­ti­on dar­stellt. Gar­cia möch­te mit die­sem Buch eine jün­ge­re Ziel­grup­pe anspre­chen, das merkt man nicht nur an ihrem Schreib­stil. Sie ver­wen­det meh­re­re, aus dem digi­ta­len Bereich bekann­te For­men, wie z. B. das Hash­tag-Zei­chen »#« (S. 5). Das Taschen­buch hat einen gelb-leuch­ten­den Umschlag, der mit pas­sen­den Icons zum Inhalt auf­ge­peppt wur­de. Die­ses Buch möch­te kein Rat­ge­ber sein, aber eigent­lich ist es doch eins. Nicht auf die auf­dring­li­che Art, mit Ver­bo­ten oder Vor­schrif­ten, aber mit sehr deut­lich for­mu­lier­ten Mög­lich­kei­ten, zu kom­mu­ni­zie­ren. Deut­lich zu sagen ist, dass es sich hier­bei um kei­ne wis­sen­schaft­li­che Arbeit oder For­schung im Bereich »Rhe­to­rik« han­delt. Den­noch zeigt es eine ande­re Sicht auf »die größ­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­irr­tü­mer« (S. 1) und regt dazu an, auf sich selbst und sei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on, ver­bal und non-ver­bal, zu ach­ten und sein Gegen­über bes­ser ver­ste­hen zu können.