Laß­witz lässt einen Teil des Romans auf dem Mars spie­len. Zwei Men­schen wer­den dort­hin mit­ge­nom­men, der Expe­di­ti­ons­teil­neh­mer Josef Salt­ner und Isma Torm, die Gat­tin des Expe­di­ti­ons­lei­ters. Zudem ist Fried­rich Ell dabei, der als Sohn eines Mar­tiers zwi­schen den Kul­tu­ren steht. Nun kann Ell das ers­te Mal die Hei­mat sei­nes Vaters in Augen­schein neh­men, sei­ne Ver­wand­ten und die Mars­ge­sell­schaft und ihre kul­tu­rel­len und tech­ni­schen Seg­nun­gen kennenlernen.

»Der Ver­kehr auf wei­te Stre­cken und mit gro­ßer Geschwin­dig­keit wur­de auf dem Mars durch zwei Arten von Bah­nen ver­mit­telt, Gleit­bah­nen und Rad­bah­nen. Die Kraft­quel­le war die Son­nen­strah­lung selbst; sie wur­de auf den glü­hen­den, tro­cke­nen Hoch­pla­teaus in aus­ge­dehn­ten Strah­lungs­flä­chen gesam­melt und den Moto­ren in Form von Elek­tri­zi­tät zuge­lei­tet. Bei den Gleit­bah­nen befand sich zwi­schen der Schie­nen­bahn und der Last, die auf Schlit­ten­ku­fen mit ein­ge­las­se­nen Kugeln ruh­te, eine dün­ne Was­ser­schicht, wodurch die Rei­bung so ver­min­dert wur­de, daß man rie­si­ge Mas­sen mit gro­ßer Geschwin­dig­keit trans­por­tie­ren konn­te. Noch viel rascher indes­sen fand der Per­so­nen­ver­kehr auf den Rad­bah­nen statt. Die zwi­schen drei Schie­nen lau­fen­den Ein­zel­wa­gen leg­ten in der Stun­de 400 Kilo­me­ter zurück.«[54] Laß­witz malt das Ver­kehrs­we­sen auf dem Mars über meh­re­re Sei­ten detail­liert aus – ein Clou sei­ner Idee: Nicht die Fahr­zeu­ge bewe­gen sich, son­dern die Fahr­bah­nen. Die Ener­gie lie­fert auch dafür die Son­ne – und je mehr der Leser Ein­blick in die Tech­nik auf dem Mars gewinnt, um so mehr wird ihm deut­lich, dass die Gesell­schaft, ähn­lich wie die uns­ri­ge, einen enor­men Ener­gie­hun­ger haben muss. Der kann auf dem roten Pla­ne­ten, der nicht so güns­tig zur Son­ne steht wie die Erde, weni­ger effi­zi­ent gedeckt wer­den wie auf dem blau­en Pla­ne­ten – ein gutes Argu­ment also für die Mar­tier, auf der Erde Fuß fas­sen zu wol­len. Tech­ni­sche Bedürf­nis­se trei­ben zur Hand­lung und die Erzäh­lung voran.

Laß­witz beschreibt die Natur und die Pflan­zen­welt auf dem Mars, die Gebäu­de, in denen die Mar­tier arbei­ten oder leben, die länd­li­che und die städ­ti­sche Lebens­wei­se, die bis zu 100 Meter hohen Gewer­be- und Indus­trie­ge­bäu­de. Die Bau­kunst ver­mag freie For­men zu ver­wirk­li­chen, ein Fort­schritt, der abhängt »von dem über­le­ge­nen Stand­punkt der Tech­nik, wodurch sich das Gebiet für die Anwen­dung des Ästhe­ti­schen ins Uner­meß­li­che erwei­ter­te«[55]. Die Pri­vat­ge­bäu­de gera­ten nie ins Prot­zi­ge, da »der Erwerb von Grund und Boden für den Ein­zel­nen auf ein mäßi­ges Maxi­mum beschränkt war«[56]. Auf dem Mars ist man für die Ver­hält­nis­se, die Laß­witz in sei­ner Zeit kennt, nicht nur sozi­al, son­dern auch schon erstaun­lich »grün« ein­ge­stellt: »Es war ein Gesetz, daß in jedem Bezirk drei Fünf­tel des Flä­chen­raums im Innern als Natur­park von jeder Aus­beu­tung und Bewoh­nung geschützt blieb […].«[57] Unwirt­li­che Fels­pla­teaus hin­ge­gen die­nen der Ener­gie­ge­win­nung: »Die Son­nen­strah­lung wur­de auf der gan­zen Hoch­flä­che gesam­melt und in der Form von Elek­tri­zi­tät über den Pla­ne­ten ver­teilt.«[58]

Neben Tech­nik und Wis­sen­schaft bringt die Mars­ge­sell­schaft die Kul­tur zur Blü­te. Isma Torm und Salt­ner besu­chen das Thea­ter eines »Muse­ums, wor­in von Zeit zu Zeit Vor­trä­ge über die Erde oder die Raum­schif­fahrt gehal­ten wur­den. Die­se wur­den durch beweg­li­che Licht­bil­der illus­triert, die mit aller Kraft mar­ti­scher Male­rei und Tech­nik so plas­tisch wirk­ten, daß sie voll­kom­men den Ein­druck der Wirk­lich­keit her­vor­rie­fen.«[59] Und das alles ohne VR-Bril­len … In dem Muse­um gibt es auch Lese­sä­le, und in deren Beschrei­bung flicht Laß­witz sei­ne Vor­stel­lun­gen von der »Erzie­hung des Men­schen­ge­schlech­tes«, respek­ti­ve des Mar­tier­ge­schlech­tes, ein: »Die lan­gen Tafeln waren dicht besetzt. Vie­le der Lesen­den benutz­ten die­se Zeit, um ihrer offi­zi­el­len Lese­pflicht zu genü­gen. Denn jeder Mar­tier war ver­pflich­tet, bei Ver­lust sei­nes Wahl­rechts, aus zwei Blät­tern, von denen eines ein oppo­si­tio­nel­les sein muß­te, täg­lich über die wich­tigs­ten poli­ti­schen und tech­ni­schen Neu­ig­kei­ten sich zu unter­rich­ten. Die grö­ße­ren Blät­ter gaben zu die­sem Zweck kur­ze Aus­zü­ge beson­ders her­aus.«[60] Eine Gesell­schaft, in der man sich das Wahl­recht dadurch erwer­ben muss, dass man sich infor­miert, und zwar nicht ein­sei­tig – eine Vor­stel­lung, die einen gewis­sen Charme ent­fal­tet; offen­bar sah der Demo­krat und Gym­na­si­al­pro­fes­sor Laß­witz Anlass, den Bür­ger zur Mün­dig­keit anzuhalten …

Die Mar­tier erobern die Erde zunächst nicht, um die Men­schen zu unter­drü­cken oder aus­zu­beu­ten, son­dern um sie an ihrem kul­tu­rel­len Fort­schritt und ihren rie­si­gen Vor­sprung im Wis­sen wie in ihren Sit­ten teil­ha­ben zu las­sen. Sie haben also nichts gemein mit den die Men­schen ver­nich­ten­den Mar­sia­nern, wie sie in Her­bert Geor­ge Wells Roman »Krieg der Wel­ten« in Erschei­nung tre­ten, der ein Jahr nach »Auf zwei Pla­ne­ten« erschien; in sei­nem Werk wer­den die Men­schen die Mar­sia­ner auch nicht dadurch los, dass sie sich auf­klä­ren und von den Unter­drü­ckern ler­nen, bei Wells sind es irdi­sche Bak­te­ri­en, die den Mar­sia­nern zusetzen.

Die Raum­schif­fe der Mar­tier wer­den durch das »Repul­sit« ange­trie­ben – einem Rück­stoß­an­trieb, der die Raum­schif­fe beschleu­nigt; zudem nut­zen die Raum­fah­rer die Schwer­kraft der Him­mels­kör­per aus, um die Flug­zeit durch das All von Mars zur Erde kurz zu hal­ten. Die »tech­ni­sche Über­macht« der Mar­tier ver­deut­licht Grun­the sei­nem Freund Salt­ner: »Durch ihre Repul­sit­schüs­se ertei­len die Mar­tier einer Mas­se, die auf der Erde zehn Mil­lio­nen Kilo­gramm wiegt, Geschwin­dig­kei­ten von 30, 40, ja bis 100 Kilo­me­tern. Wis­sen Sie, was das heißt? Leu­te, die das kön­nen, wer­den aus Ent­fer­nun­gen, wohin kein irdi­sches Geschütz trägt, ganz Ber­lin in weni­gen Minu­ten in Trüm­mer legen, falls sie dies wol­len. Die Euro­pä­er kön­nen dann ein­mal erle­ben, was sie sonst an den Wohn­stät­ten armer Wil­den getan haben. Frei­lich wer­den die Mar­tier zu edel dazu sein. Sie hät­ten es wohl auch nicht nötig. Sie kön­nen die Schwer­kraft auf­he­ben. Was nützt uns die größ­te, tap­fers­te, glän­zend geführ­te Armee, wenn auf ein­mal Batail­lo­ne, Schwa­dro­nen und Bat­te­rien zwan­zig, drei­ßig Meter in die Luft flie­gen und dann wie­der her­un­ter­fal­len?«[61] Der Schlüs­sel der Über­macht liegt dar­in, dass die Mar­tier gelernt haben, die Schwer­kraft zu nut­zen, nicht allein die der Him­mels­kör­per im All, und »einem Kör­per die­se eigen­tüm­li­che Form der Ener­gie zu ent­zie­hen«[62], also »sei­ne Gra­vi­ta­ti­on in eine ande­re Ener­gie­form über­zu­füh­ren«[63]. So kön­nen sie Werk­stof­fe nut­zen, auf die die Gra­vi­ta­ti­on nicht als Schwe­re ein­wirkt, son­dern die die­se Ener­gie umzu­wan­deln ver­mö­gen – die­se »wis­sen­schaft­li­che Ent­de­ckung« hat­te auf dem Mars »eine Umge­stal­tung aller Ver­hält­nis­se« ermög­licht, »die einen unge­ahn­ten Umschwung der Tech­nik her­bei­führ­te und die Mar­tier zu Her­ren des Son­nen­sys­tem mach­te«[64].  Die Luft­schif­fe, die die Mar­tier auf die Erde brin­gen, nut­zen für ihre äußerst schnel­len und prä­zi­sen Flug­be­we­gun­gen genau die­se Ener­gie; Laß­witz beschreibt das detail­liert und unter­legt die­se Beschrei­bung mit grund­le­gen­den phy­si­ka­li­schen Über­le­gun­gen.[65]