2 Anwen­dung des rhe­to­ri­schen Pro­duk­ti­ons­mo­dells für den Gestaltungsprozess

Der bereits aus­ge­bil­de­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­si­gner ver­fügt, im Gegen­satz zu einem Neu­ling auf die­sem Gebiet, über Fähig­kei­ten, die es ihm erlau­ben, haupt­säch­lich unbe­wusst, effi­zi­en­te Lösun­gen von weni­ger erfolgs­ver­spre­chen­den zu unter­schei­den. Die Aus­bil­dung zum Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­si­gner ist ein kom­ple­xer Pro­zess, bei dem maß­geb­lich impli­zi­tes Wis­sen und Kön­nen erwor­ben wer­den. Dies pas­siert zum gro­ßen Teil durch das Zei­gen von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­lö­sun­gen, die sich als erfolg­reich erwie­sen haben und das viel­fa­che Ver­su­chen, ähn­lich gut funk­tio­nie­ren­de Lösun­gen zu fin­den. Auch das Ver­bes­sern von Lösungs­an­sät­zen, die deut­lich wahr­nehm­ba­re Schwä­chen auf­wei­sen, trägt beträcht­lich zur For­mu­lie­rung der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kom­pe­tenz bei. Ange­strebt wird eine mög­lichst gro­ße Erfah­rung die­je­ni­gen Aspek­te zu erken­nen und zu eva­lu­ie­ren, die Kom­mu­ni­ka­ti­on erfolg­reich machen.

Die Kom­bi­na­ti­on von Gestal­tungs­ele­men­ten, ihre seman­ti­sche Aus­sa­ge, ihre Kon­no­ta­ti­on und ihre Erschei­nung wer­den stän­dig, vor allem an dem For­mu­lie­ren­den selbst aus­pro­biert, um ihre Wir­kung auf das zukünf­ti­ge Publi­kum pro­gnos­ti­zie­ren zu kön­nen. Die empa­thi­sche Fähig­keit des intui­ti­ven Über­prü­fens, ob das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ziel erfüllt wer­den kann, steht als Kern­kom­pe­tenz im Zen­trum des Gestal­tungs­pro­zes­ses. Der Erfah­rungs­schatz hilft, blitz­schnel­le, erfolgs­ver­spre­chen­de Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Die­se reflex­ar­ti­ge und schnel­le Kom­pe­tenz erfor­dert in der Aus­bil­dung vor allem eines: jah­re­lan­ge Übung. Der aus der Rhe­to­rik stam­men­de Begriff, der die­se Fähig­keit am bes­ten beschrei­ben wür­de, heißt »Elo­quenz«. Dem Design­schü­ler wer­den Pro­duk­ti­ons­me­tho­den zuei­gen, derer er sich selbst meist nicht bewusst ist, die aber maß­geb­lich über das Auf­ge­hen sei­ner Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie ent­schei­den. Vie­le, die auf eine sol­che Art mit der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kunst kon­fron­tiert wer­den, haben sogar das Gefühl, dass sie über­haupt kei­ner Metho­de fol­gen. Doch das ist ein Irr­tum, der fol­gen­schwe­re Miss­ver­ständ­nis­se produziert.

Intui­tiv bedient der Desi­gner die­sel­ben Gesetz­mä­ßig­kei­ten, die auch der Rhe­to­rik imma­nent sind. Er steu­ert geschickt die Kogni­ti­ons­me­cha­nis­men, die auch der Rhe­to­rik zugrun­de lie­gen müs­sen. Der Unter­schied liegt ledig­lich dar­in, dass die Dis­zi­plin »Rhe­to­rik« über ein funk­tio­nie­ren­des, bewähr­tes Modell ver­fügt, dass den Gestal­tungs­pro­zess von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gien beschreibt. Es bie­tet ein dif­fe­ren­zier­tes Voka­bu­lar, das wir aller­dings zual­ler­erst in sei­nen Funk­tio­nen für die Dis­zi­plin »Gestal­tung« über­set­zen müssen.

Vor dem Hin­ter­grund der ableh­nen­den Reak­tio­nen von erfah­re­nen Gestal­tern auf eine rezept­ar­tig anmu­ten­de Metho­dik, ist es bemer­kens­wert, als wie hilf­reich die­se didak­ti­sche Maß­nah­me von Design­schü­lern auf­ge­fasst wird, die von Anfang an den Gestal­tungs­pro­zess nach dem Vor­bild der rhe­to­ri­schen Sys­te­ma­tik bei­gebracht bekom­men. Der Design­päd­ago­ge Hen­ning Kraus­pe ent­wi­ckel­te spe­zi­ell für den Unter­richt von Neu­lin­gen auf die­sem Feld eine Adap­ti­on der rhe­to­ri­schen Sys­te­ma­tik für die visu­el­le Kom­mu­ni­ka­ti­on. Die Schü­ler, die ein Fach­ab­itur mit Schwer­punkt Gestal­tung erlan­gen sol­len, müs­sen kom­ple­xe Pla­nungs- und Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se, bei­spiels­wei­se die Kon­zep­ti­on einer Kam­pa­gne, durch­füh­ren. Die rhe­to­ri­sche Pro­duk­ti­ons­sys­te­ma­tik ist hier ein Leit­fa­den, der Sicher­heit ver­mit­telt und gleich­zei­tig über anfäng­li­che Über­for­de­rung durch die Kom­ple­xi­tät der gestal­te­ri­schen Hand­lung hin­weg hel­fen soll. Zusätz­lich ergibt sich aus die­sem Ansatz ein für die Grup­pe ver­bind­li­ches Voka­bu­lar, das gera­de in der Prä­sen­ta­ti­ons­si­tua­ti­on eine nach­voll­zieh­ba­re Eva­lua­ti­on der gestal­te­ri­schen Qua­li­tät ermöglicht.


Ausgabe Nr. 4, Frühjahr 2014

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