Auch aus gestalterischer Sicht, speziell im Bereich von User Interfaces und User Experience, wird die aufkommende »neue« Realität zunehmend zum Thema. Vor allem im Bezug auf herkömmliche User Interfaces bergen VR und MR eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten, zwingen den Designer aber auch bis zu einem gewissen Grad dazu, bisherige Gestaltungsrichtlinien zu verwerfen beziehungsweise umzudenken und die Gestaltungsrichtlinien an das neue Medium anzupassen.
Es ist zwar in einem bestimmten Umfang möglich, bereits existierende User Interfaces direkt für die Verwendung mit Virtual-Reality-Geräten zu konvertieren, vor allem im Bereich von Software mit einem Schwerpunkt auf den digitalen Raum wie Flugsimulatoren oder auch Egoshootern. Zum einen eignen sich jedoch längst nicht alle Genres im Entertainmentbereich für eine Verwendung mit VR oder MR, zum anderen tut man sich im Regelfall mit der bloßen Übersetzung bisheriger Interfacegestaltung in VR keinen allzu großen Gefallen, da hierbei oftmals sowohl die Orientierung als auch die Immersion zu leiden haben. Das bisher bewährte »Head Up Display«, auch oft mit HUD abgekürzt, das im Wesentlichen alle herkömmlichen Eigenschaften eines grafischen Userinterfaces innehat, muss in diesem Sinne angepasst oder durch eine neue Art der Informationsvermittlung ersetzt werden.
Da das große Ziel von Virtual Reality eben das Vermitteln einer alternativen Realität ist, ist es also durchaus legitim, alltägliche Orientierungshilfen als Inspiration für ihren digitalen Konterpart anzusehen. Einen Lösungsansatz könnten hier konventionelle Leitsysteme aus dem Alltag bieten.[6]. Mit diesen generellen Gestaltungsrichtlinien der Orientierung in Kombination mit architektonischen Grundlagen der Wegfindung lässt sich eine Basis schaffen, auf der digitale Interfaces für alternative Realitäten Fuß fassen könnten - natürlich immer vorausgesetzt, die zu gestaltende Realität stimmt im weitesten Sinne mit unserem Verständnis räumlicher Wahrnehmung überein und bietet genug Parallelen zum Alltag, damit die vorher genannten Gestaltungsrichtlinien ausreichende Ansatzpunkte haben.
Auf dieser Basis wiederum lässt sich ein Konzept aufbauen, das die konventionellen Richtlinien um den Mehrwert der digitalen Möglichkeiten beliebig erweitert und dessen Vorteile aufgreift, die zum Großteil bereits schon fester Bestandteil in den HUDs digitaler Räume sind. Zu diesen Vorteilen gehört unter anderem das beliebige Ein- und Ausblenden von Information, die Erweiterung der grafischen durch eine auditive Ebene und die in Echtzeit berechnete und zur Orientierung dargestellte Position des Nutzers im Raum. Auch muss das User Interface nicht auf eine Ebene beschränkt sein: Durch die Kombination von Informationsvermittlung sowohl durch Verankerung in der digitalen Welt, wie zum Beispiel an Wänden angebrachte Beschriftungen, als auch durch eine Fixierung an der Perspektive des Betrachters, wie die Implementierung einer sogenannten Minimap im Blickfeld, können neue Möglichkeiten der Nutzerführung erprobt werden und sich bewähren.
Einen wesentlichen Beitrag zur korrekten Gestaltung solcher hybriden Interfaces leistet die Wahrnehmungspsychologie. Vor allem der effektive Wahrnehmungsbereich des Nutzers, der Field of View, spielt eine zentrale Rolle; sowohl bei der Platzierung von Gestaltungselementen als auch bei der Ausgabe der Sichtfeldes des Nutzers in Relation zur Leistungsfähigkeit und nativen Auflösung des Monitors ist das Blickfeld des Betrachters ausschlaggebend. Denn im Gegensatz zur Tiefenwahrnehmung bei der Betrachtung eines in einer durchschnittlichen Entfernung aufgestellten Monitors, der eine gewisse Übersicht erlaubt, greifen bei der Nutzung von VR-Brillen eher die Regeln der natürlichen perspektivischen Wahrnehmung.