Essay

Erforschung: Textdesign untersuchen*

Wie Gestaltung und Wirkung zusammenspielen

Von Daniel Perrin


… at all levels of lan­guage varia­bi­li­ty, peo­p­le are respon­ding pri­ma­ri­ly to other peo­p­le. Spea­k­ers are desig­ning their style for their audience.”
Allan Bell

Was den­ken sich Jour­na­lis­tin­nen und Jour­na­lis­ten, wenn sie Tex­te desi­gnen und damit unter ande­rem auf eine beab­sich­tig­te Text­wir­kung hin gestal­ten? – Die­ser Auf­satz fragt nach dem Zusam­men­hang von Text­de­sign und Text­wir­kung, und zwar aus der Pro­duk­ti­ons­per­spek­ti­ve. Zu zei­gen ist, wie bei Medi­en­schaf­fen­den Stra­te­gien des Text­de­signs und Vor­stel­lun­gen mög­li­cher Text­wir­kung zusam­men­spie­len. Der Auf­satz situ­iert die Kern­be­grif­fe und die Fra­ge­stel­lung, erklärt die Metho­dik, zeigt Befun­de aus einer Fall­stu­die, erör­tert mög­li­chen Wis­sens­trans­fer in die Text­pro­duk­ti­ons­pra­xis und bilan­ziert: Es gibt guten Grund zur Annah­me, dass erfah­re­ne Medi­en­schaf­fen­de über aus­ge­bau­te­re und fle­xi­ble­re Reper­toires an Stra­te­gien funk­tio­na­len Text­de­signs ver­fü­gen, und es gibt eben­falls guten Grund zur Annah­me, dass Infor­ma­ti­ons­de­si­gner aus Ana­ly­sen ler­nen kön­nen, mit wel­chen Stra­te­gien erfah­re­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen Tex­te designen.

Fragestellung: Wie und wozu Journalisten Texte designen

Unter Text­de­sign ver­ste­he ich hier, im Zusam­men­hang mit publi­zis­ti­schen Medi­en, die Gestal­tung eines jour­na­lis­ti­schen Bei­trags im Sin­ne pro­duk­ti­ons-, dis­tri­bu­ti­ons- und rezep­ti­ons­ge­rich­te­ter Vor­stel­lun­gen: Man gibt dem Text die Gestalt, von der man annimmt, sie erleich­te­re die Her­stel­lung, den Ver­trieb und die Nut­zung eines Kommunikationsangebots.

Text­de­sign in die­sem pro­duk­ti­ons­per­spek­ti­vi­schen Ver­ständ­nis ist also eine kogni­tiv und sozi­al ver­an­ker­te Prak­tik Medi­en­schaf­fen­der. Eine Prak­tik aber lässt sich nicht am ein­zel­nen fer­ti­gen Text allein beschrei­ben (vgl. Cal­derón 2001; Per­rin 2005; Ste­gu 2001).

Soll in Aus­schnit­ten erkenn­bar wer­den, was Medi­en­schaf­fen­de beim Gestal­ten ihrer Tex­te tun, muss eine Ana­ly­se auf wei­te­re Daten zugrei­fen. In Fra­ge kom­men Ver­glei­che mit wei­te­ren Tex­ten: Ein Ver­gleich mit vor­aus­ge­hen­den Text­fas­sun­gen in inter­tex­tu­el­len Ket­ten etwa kann zei­gen, wel­che Text­ge­stalt­merk­ma­le ein Jour­na­list ver­än­dert hat (›Ver­sio­nen­ana­ly­se‹ – vgl. Van Dijk 1988; Per­rin 2006, S. 50–56). Ein exem­pla­ri­scher oder sta­tis­tisch aus­sa­ge­kräf­ti­ger Ver­gleich mit Tex­ten ande­rer Jour­na­lis­ten, Redak­tio­nen oder Medi­en kann typi­sche Merk­ma­le auf­zei­gen (›Varia­ti­ons­ana­ly­se‹ – vgl. Bell, 1991; Per­rin 2006, S. 63–70).

Soll über­dies in Aus­schnit­ten erkenn­bar wer­den, war­um Medi­en­schaf­fen­de beim Gestal­ten tun, was sie tun, muss eine Ana­ly­se auf Daten zu Über­le­gun­gen der Medi­en­schaf­fen­den zu(rück)greifen. In Fra­ge kom­men sprach­re­fle­xi­ve und pro­duk­ti­ons­re­fle­xi­ve Äuße­run­gen aus vor- und nach­ge­la­ger­ten redak­tio­nel­len Dis­kur­sen, etwa aus Redak­ti­ons­kon­fe­ren­zen oder Leit­bild­dis­kus­sio­nen (›Meta­dis­kurs­ana­ly­se‹ – vgl. Per­rin 2006, S. 71–78; Spitz­mül­ler 2005). In Fra­ge kom­men aber auch refle­xi­ve Äuße­run­gen Medi­en­schaf­fen­der zu Nor­men, Rou­ti­nen, Stra­te­gien in kon­kre­ten Pro­duk­ti­ons­pro­zes­sen (›Pro­gres­si­ons­ana­ly­se‹ – vgl. Per­rin 2006, 57–62; Pri­or 2004; Sleurs et al. 2003). Um sol­che Pro­zes­se und Äuße­run­gen geht es hier.

[*]  Der Bei­trag basiert auf einem Kapi­tel des Autors in:
Kers­ten Sven Roth, Jür­gen Spitz­mül­ler (Hrsg.) Text­de­sign und Text­wir­kung in der mas­sen­me­dia­len Kom­mu­ni­ka­ti­on, UVK Ver­lags­ge­sell­schaft mbH, 2007. Autor und Her­aus­ge­ber dan­ken für das Recht zum Wiederabdruck.