In die­ser Situa­ti­on müss­te es für einen Tech­nik­phi­lo­so­phen doch inter­es­sant sein, neben der for­ma­len und logi­schen Struk­tur des tech­ni­schen Wis­sens, zu deren Auf­klä­rung die Wis­sen­schafts­theo­rie sich nun end­lich auf­macht, den Zusam­men­hang zwi­schen Spra­che als Hand­lung und der Tech­nik als etwas »Gemach­tem« her­zu­stel­len. Selt­sa­mer­wei­se fin­det sich in den gän­gi­gen Tex­ten der Tech­nik­phi­lo­so­phie kaum etwas hier­über, obwohl die Fra­gen doch naheliegen:
War­um ist es so schwie­rig, eine Bau­an­lei­tung oder Bedie­nungs­an­wei­sung zu ver­ste­hen? Hängt dies mit dem sprach­li­chen Unver­mö­gen der Tech­ni­ker und Inge­nieu­re oder mit der Schlam­pe­rei des Mar­ke­tings und des Ver­kaufs zusam­men oder gibt es da womög­lich einen tie­fe­ren, sprich phi­lo­so­phisch inter­es­san­ten Grund?
War­um tun sich Inge­nieu­re so schwer damit zu erklä­ren, was sie gera­de machen?
Wie ist es mög­lich, aus einer sprach­li­chen Beschrei­bung ein Arte­fakt zu bau­en? Wie wer­den aus Wor­ten Sachen?
Was sind tech­ni­sche Anwei­sun­gen? Eine War­nung, eine Behaup­tung, eine Dro­hung, eine Bit­te, ein Ver­spre­chen? Wel­che Hand­lung führt jemand aus, wenn er eine tech­ni­sche Anwei­sung äußert, eine Benut­zung ver­bie­tet oder emp­fiehlt? Und – gibt es über­haupt nicht-tech­ni­sche Anweisungen?

Ange­regt durch die­se Fra­gen, auf die ich am Ende zurück­kom­men wer­de, wol­len wir zuerst zu klä­ren ver­su­chen, was Sprech­ak­te sind.

4 Sprech­ak­te

Sät­ze, Aus­sa­gen, Aus­drü­cke wer­den in kom­mu­ni­ka­ti­ven Akten geäu­ßert. Dies nennt man einen Sprech­akt. Ich sage etwas, der ande­re hört zu, ant­wor­tet – viel­leicht. Viel­leicht wider­spricht er auch. Das macht die Sache gleich kom­pli­ziert. Blei­ben wir bei der einen Äuße­rung. Mit ihr wird ein gewis­ser Inhalt aus­ge­drückt, zum Bei­spiel, dass der Kel­ler des Gebäu­des schim­me­lig sei. Der Satz lau­tet: »Der Kel­ler des Gebäu­des yx ist schim­me­lig.« Die­ser Inhalt lässt sich klas­si­fi­zie­ren nach dem Objekt, wor­über etwas aus­ge­sagt wird, und der Prä­di­ka­ti­on, also was dar­über aus­ge­sagt wird. Objekt und Prä­di­ka­ti­on zusam­men nen­nen wir Refe­renz. Die Struk­tur der Aus­sa­ge wird durch die Syn­tax gege­ben, also den voll­stän­di­gen und gram­ma­ti­ka­lisch kor­rek­ten Satz.

Wir machen unse­re Äuße­run­gen mit einem bestimm­ten Gehalt aber in bestimm­ten Situa­tio­nen. Wenn ich als Mie­ter dem Haus­be­sit­zer den Satz sage, der Kel­ler des Gebäu­des sei schim­me­lig, dann schwingt da noch eine ande­re Funk­ti­on die­ser Äuße­rung mit, als wenn ich als Bau­in­ge­nieur in einem münd­li­chen oder schrift­li­chen Gut­ach­ten fest­stel­le, dass der Kel­ler des Gebäu­des schim­me­lig sei. Durch unse­re Äuße­run­gen in kon­kre­ten Situa­tio­nen füh­ren wir Hand­lun­gen durch, die eine prag­ma­ti­sche Funk­ti­on erfül­len: Wir urtei­len, wir wider­spre­chen, wir the­ma­ti­sie­ren Gel­tungs- und Wahr­heits­an­sprü­che, wir war­nen, dro­hen, ver­spre­chen, bestrei­ten, betrü­gen, und wir geben Abwei­sun­gen und for­dern auf.[8] Die­se Funk­tio­nen sind nicht abso­lut, son­dern hän­gen in emp­find­li­cher und viel­fa­cher Wei­se vom Kon­text ab.[9]

Die Abbil­dung 2 zeigt eine Auf­tei­lung in die Dimen­sio­nen sprach­li­cher Aus­drü­cke, die etwas anders gela­gert ist als die übli­che semio­ti­sche Auf­tei­lung in Syn­tax, Seman­tik und Pragmatik.

Abbildung 2: Inhaltliche und pragmatische Funktion von Äußerungen

Abbil­dung 2: Inhalt­li­che und prag­ma­ti­sche Funk­ti­on von Äußerungen

Wir sehen dar­in, dass die prag­ma­ti­sche Funk­ti­on einer Äuße­rung theo­re­tisch und prak­tisch sein kann: Stellt die Äuße­rung ein Urteil in klas­si­schen Sin­ne dar (uni­ver­sal oder par­ti­ku­lär), fällt man mit der Äuße­rung eine Ent­schei­dung. Führt man mit einem Satz eine Gegen­re­de in einer kom­mu­ni­ka­ti­ven Situa­ti­on, the­ma­ti­siert dies einen Wahr­heits­an­spruch oder Gel­tungs­an­spruch für das geäu­ßer­te Urteil in einer kon­kre­ten Dis­kus­si­on. Die prak­ti­sche Sei­te behan­delt die eigent­li­che Sprech­akt­theo­rie. Mit der Äuße­rung von Sät­zen wie Der Kel­ler des Gebäu­des, in dem ich zur Mie­te woh­ne, ist schim­me­lig kann ich dem Ver­mie­ter war­nen, dro­hen, ich kann ihn mit­tel­bar auf­for­dern, doch etwas dage­gen zu tun usw. Die­se prag­ma­ti­sche Funk­ti­on des Sprech­ak­tes nennt Sear­le die Illo­ku­ti­on. Die Illo­ku­ti­on ist eine Eigen­schaft einer Äuße­rung, die von der gram­ma­ti­ka­li­schen Rich­tig­keit der Äuße­rung (des Sat­zes) ver­gleichs­wei­se unab­hän­gig ist. Manch­mal genügt ein Heh!, um zu war­nen; ein Wo Du wol­le? hat auch hier­zu­lan­de die klar erkenn­ba­re Illo­ku­ti­on der Frage.