Sobald die Berichts­er­stat­tung sich »näher« auf den einen als auf den ande­ren der bei­den Geg­ner ein­lässt, indu­ziert dies eine Tei­lung der Berichts­er­stat­ter in pro und kon­tra. Im Extrem­fall ist dies der ein­ge­bet­te­te »Bericht­erstat­ter« A´ und B´ (embedded), der ver­mö­ge der tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten vor Ort nur von einer Sei­te aus berich­ten kann. Damit ver­dop­peln sich die ant­ago­nis­ti­schen Sei­ten, d. h., die Berichts­er­stat­tung wird Teil der Kampf­stra­te­gie der bei­den Geg­ner (sie­he Abbil­dung 2).

Abbildung 2: Embedded Reports

Abbil­dung 2: Embedded Reports: Der Geg­ner A infor­miert aus­schließ­lich den ein­ge­bet­te­ten Bericht­erstat­ter A´ eben­so der Geg­ner B den Bericht­erstat­ter B´. Die Bericht­erstat­tung besteht dann aus zwei ant­ago­nis­ti­schen Tei­len, die kein Urteil über den Wahr­heits­ge­halt mehr erlauben.

Es ist zu befürch­ten, dass jeder wei­te­re Ver­such, einen Bericht­erstat­ter zu instal­lie­ren, der von bei­den Sei­ten gleich weit »ent­fernt« ist, zu einer Ver­ein­nah­mung der einen oder der ande­ren Sei­te führt und es daher in der Regel nur sehr kurz­fris­tig mög­lich ist, eine halb­wegs äqui­di­stan­te Bericht­erstat­tung zu instal­lie­ren (sie­he Abbil­dung 2).

Die durch eine Falsch­mel­dung indu­zier­te öffent­li­che Reak­ti­on oder Mei­nung ist ent­schei­dend für die Unter­stüt­zung der eige­nen Stra­te­gie (z. B. für das Bil­li­gen der Gel­der durch das Par­la­ment). Als Neben­ef­fekt soll sie den Geg­ner des­avou­ie­ren, des­sen unter­stüt­zen­des Umfeld geschwächt wer­den soll. Die Funk­ti­on sol­cher Mel­dun­gen, sei es die Gräu­el­pro­pa­gan­da, um die schlech­te Absicht des Fein­des durch sei­ne bereits durch­ge­führ­ten Mis­se­ta­ten zu bele­gen, sei es die angeb­lich edlen Grün­de zur Begrün­dung des Krie­ges, benutzt die Wir­kung der Infor­ma­ti­on über die Medi­en als Bestand­teil der Stra­te­gie im Kon­flikt. Ihre Effek­ti­vi­tät liegt in der Sug­ges­ti­vi­tät der Bot­schaft begrün­det, sofern sie auf eine Reso­nanz bei den schon bestehen­den Vor­ur­tei­len und Wün­schen tref­fen. Die­se ver­schärf­te Anhän­gig­keit von den Medi­en (Media­li­tät) könn­te nur dann zu einer befrie­di­gen­den Distanz der Beur­tei­lung des Gesche­hens füh­ren, wenn die bei­den Geg­nern die tech­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel nicht ver­füg­bar hät­ten oder sie einer unpar­tei­li­chen Kon­trol­le unter­wor­fen wer­den könn­ten. Genau das Gegen­teil ist aber der Fall.

Dar­über hin­aus kom­men Fäl­schungs­mög­lich­kei­ten, die durch die moder­nen Tech­no­lo­gien dra­ma­tisch ange­stie­gen sind. Man den­ke nur an die durch­sich­ti­gen Ver­su­che der Sta­lin-Retu­sche an Pho­to­gra­phien im Ver­gleich zu den heu­te insze­nier­ten elek­tro­ni­schen Schlacht- und Tref­fer­sze­na­ri­os, die das Kriegs­ge­sche­hen wie ein Video­spiel aus­se­hen las­sen. Die Ver­trau­ens­wür­dig­keit und Sicher­heit bei der Daten­über­tra­gung ist heu­te ein eige­nes Gebiet der Infor­ma­tik geworden.

Der qua­si­ob­jek­ti­ve Cha­rak­ter der Infor­ma­ti­on, der durch media­le Indi­ka­to­ren ver­mit­telt wird, sug­ge­riert: Bil­der lügen nicht. Die Täu­schungs­ab­sicht, die gro­ße media­le Lüge, wur­de nicht erst im Irak­krieg, son­dern auch schon seit dem Golf­krieg Anfang der 90-er Jah­re diskutiert.

Ein paar Fra­gen sei­en gestat­tet: Die ein­ge­bet­te­ten Bericht­erstat­ter sol­len berich­ten über das, was die mili­tä­ri­sche und poli­ti­sche Füh­rung will, dass wir dar­an glau­ben. Gehört der Dis­kurs über den Krieg, beson­ders eben der inter­na­tio­na­le Dis­kurs, genau­so zum Kal­kül der Kriegs­par­tei­en wie der eigent­li­che Waf­fen­gang? Oder anders: War­um nicht nur »infor­ma­ti­on war­fa­re« und statt­des­sen die Kano­nen ver­ros­ten las­sen – zumin­dest wäre das Leid gerin­ger. Viel­leicht eine nai­ve Fra­ge, aber der Gewalt geht in der Kom­mu­ni­ka­ti­on seit alters her ein home­ri­sches ver­ba­les Kräf­te­mes­sen vor­aus. Kann man einem sol­chen Dis­kurs­ver­lauf anse­hen, ob sie home­risch ist, also mög­li­cher­wei­se krie­ge­risch enden wird?

3 Tech­nik und Konflikt

Suchen wir uns im Krieg die Tech­nik aus, die die Wahr­heit am bes­ten ver­schlei­ern hilft?

Erst Tech­nik hat es ermög­licht, vom unmit­tel­ba­ren Kampf, in dem die Mus­kel­kraft, d. h., der phy­sisch Stär­ke­re ent­schei­det, zu einem instru­men­tell ver­mit­tel­ten Kampf zu kom­men: Nun wird die Gewalt­aus­übung an die Tech­nik dele­giert. Dies führt zum Zwang, die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten des Geg­ners zu schwä­chen oder zu zer­stö­ren und die eige­ne Tech­no­lo­gie hier­für weiterzuentwickeln.

Der for­ma­le Tech­nik­be­griff, der im grie­chi­schen τεχνη eben­so steckt, und der mate­ria­le Tech­nik­be­griff, der sich auf Appa­ra­te, Instru­men­te und Gerä­te bezieht, ist durch den Tech­nik­be­griff mitt­le­rer Reich­wei­te, sowie er von Gün­ther Ropohl vor­ge­schla­gen wur­de, zusam­men­ge­führt wor­den.[27] Zur Tech­nik gehö­ren in die­sem Sin­ne nicht nur die Appa­ra­tur, son­dern ihre Her­stel­lung, ihre Ver­wen­dung, bis hin zu ihrer Ent­sor­gung samt den dazu­ge­hö­ren­den ein­bet­ten­den sozia­len, öko­no­mi­schen und öko­lo­gi­schen Sys­te­men, die auch die Zie­le der Ver­wen­dung von Tech­nik einschließen.

Die Defi­ni­ti­on, Tech­nik als Schaf­fung von Mit­ten für frei­ge­hal­te­ne Zwe­cke zu sehen,[28] ist noch selbst etwas instru­men­ta­lis­tisch, trotz­dem zeigt sie die Mög­lich­keit von Tech­nik im Krieg bereits an: si vis pacem, para bel­lum (Wenn du den Frie­den willst, berei­te den Krieg vor). Die­se Vor­be­rei­tung ist heu­te eine über­wie­gend technische.