Essay

Methoden der Designwirkungsforschung

Ein Projekt mit angehenden ­Kommunikationsdesignern

Von Volker Friedrich und Brian Switzer


1 Ein Pro­jekt der Designwirkungforschung

Müs­sen sich Gestal­ter »allein« auf ihre guten Rie­cher, auf Erfah­rung und auf Fach­wis­sen ver­las­sen? Oder lie­ße sich vor­her­sa­gen, ob ihre Gestal­tun­gen die beab­sich­tig­ten Wir­kun­gen her­vor­ru­fen und das im Nach­gang auch über­prü­fen? Die­se Fra­gen zie­len auf das, was in ande­ren Dis­zi­pli­nen »Wir­kungs­for­schung« genannt wird und was im Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­sign noch wenig eta­bliert ist, weder hin­sicht­lich einer theo­re­ti­schen Fun­die­rung noch hin­sicht­lich eines Metho­den­re­per­toires. Für eine Design­wir­kungs­for­schung lie­ße sich man­ches von benach­bar­ten Dis­zi­pli­nen abschau­en und auf das Design über­tra­gen, z. B. Ansät­ze und Metho­den der Medi­en- oder der Wer­be­wir­kungs­for­schung, wie sie von Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Medi­en­wis­sen­schaft­lern betrie­ben wer­den. Unge­ach­tet des­sen soll­ten für eine Design­wir­kungs­for­schung aber auch dis­zi­plin­spe­zi­fi­sche Metho­den ent­wi­ckelt wer­den, mit denen sich Wir­kungs­ab­sich­ten, Gestal­tungs­mit­tel und die erziel­ten Wir­kun­gen von Design­ar­te­fak­ten sowie die Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen die­sen Ele­men­ten erfor­schen lassen.

Von die­sen Über­le­gun­gen gin­gen wir aus, als wir im Mas­ter­stu­di­en­gang »Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­sign« der Hoch­schu­le Kon­stanz ein Pro­jekt­mo­dul star­te­ten, mit denen die jun­gen Desi­gner an For­schung und Wis­sen­schaft in ihrer Dis­zi­plin her­an­ge­führt wer­den und sich mit Metho­den der Wir­kungs­for­schung über visu­el­le Design­ar­te­fak­te befas­sen soll­ten. Am Bei­spiel von Wahl­pla­ka­ten, die in der Bun­des­tags­wahl 2017 zum Ein­satz kamen, stell­ten wir unse­ren Stu­den­ten fol­gen­de Aufgabe:
Ent­wi­ckeln Sie Metho­den, mit denen die Wir­kung der Gestal­tung von Wahl­pla­ka­ten unter­sucht wer­den kann. Mit wel­chen Gestal­tungs­ele­men­ten und Stil­mit­teln wird Wie­der­ken­nung und Memo­rier­bar­keit bewirkt, wie Auf­merk­sam­keit erzwun­gen, Unter­scheid­bar­keit her­bei­ge­führt? Mit wel­chen Metho­den kann das geprüft werden?
Die Semi­nar­teil­neh­mer soll­ten dazu Expe­ri­men­te ent­wi­ckeln, umset­zen, aus­wer­ten, ver­bes­sern und wei­ter­ent­wi­ckeln – also am Aus­bau des Metho­den­re­per­toires einer Design­wir­kungs­for­schung arbei­ten und Erfah­run­gen mit wis­sen­schaft­li­chen Arbeits­wei­sen sammeln.

Für uns als Dozen­ten war die­ses Pro­jekt­mo­dul selbst ein Expe­ri­ment mit nicht vor­her­seh­ba­rem Aus­gang. Wür­de es uns gelin­gen, den Stu­den­ten das nöti­ge theo­re­ti­sche, wis­sen­schaft­li­che und empi­ri­sche Rüst­zeug zu ver­mit­teln, damit sie tat­säch­lich brauch­ba­re Metho­den der Design­wir­kungs­for­schung ent­wi­ckeln könn­ten? Was gehör­te zu die­sem Rüst­zeug? Und könn­ten wir Stu­den­ten eines gestal­te­ri­schen Faches Freu­de am wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten und For­schen vermitteln?

Um die­sen Ansprü­chen gerecht zu wer­den, woll­ten wir unser bei­der per­sön­li­che Kennt­nis­se und unser spe­zi­fi­sches Wis­sen auf die Waag­scha­le legen. Bri­an Swit­zer ist Pro­fes­sor für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­sign und ein inter­na­tio­nal täti­ger Gestal­ter, geschult in »human cen­te­red design« und »design thin­king« und erfah­ren im Umgang mit »design methods« und deren Ein­satz in kom­ple­xen Design­pro­jek­ten, ein Exper­te für Infor­ma­ti­ons­auf­be­rei­tung und Daten­vi­sua­li­sie­rung. Vol­ker Fried­rich lehrt Schrei­ben und Rhe­to­rik, ist Phi­lo­soph, ent­wi­ckelt für das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­de­sign eine Wis­sen­schafts­theo­rie auf phi­lo­so­phi­scher Basis, die ver­knüpft wird mit einer prag­ma­ti­schen, auf der Rhe­to­rik auf­bau­en­den Design­theo­rie; zudem ist er mit Metho­den empi­ri­scher Sozi­al­wis­sen­schaft vertraut.