Das Inter­es­san­te an der Syn­tax ist nun, dass eine Schal­tung, die nicht kor­rekt gezeich­net ist, vom Fach­mann auf den ers­ten Blick als funk­ti­ons­un­fä­hig erkannt wer­den kann. Es gibt Regeln, wie eine Schal­tung auf­ge­baut sein muss, damit sie funk­tio­niert, und sie las­sen sich übri­gens ganz ähn­lich for­mu­lie­ren wie gram­ma­ti­ka­li­sche Regeln bei einer for­ma­len Spra­che, z. B. einer Pro­gram­mier­spra­che. Wir sagen, sie haben, wie die Regeln der Sprach­gram­ma­tik, eine gene­ra­ti­ve Struktur.

Gene­ra­tiv heißt hier, dass aus­führ­li­che Sät­ze über Zusam­men­set­zungs­re­geln aus Ele­men­ten zusam­men­ge­setzt, also erzeugt wer­den kön­nen. Ähn­li­ches gilt für Schal­tun­gen – bestimm­te Kom­bi­na­tio­nen von Schalt­ele­men­ten funk­tio­nie­ren, ande­re eben nicht.

Eine Schal­tung stellt auch in bestimm­ten Kon­tex­ten eine Bau­an­lei­tung, also eine Auf­for­de­rung dar, die Ele­men­te so und nicht anders zu ver­knüp­fen. Aller­dings ist die­se Illo­ku­ti­on nicht mehr inva­ri­ant von der Syn­tax – nach dem oben Gesag­ten führt eine fal­sche Gram­ma­tik dann auch zu einem funk­ti­ons­un­fä­hi­gen Artefakt.

Das Pro­blem tech­ni­scher Mit­tei­lun­gen liegt also dar­an, dass Laie und Tech­ni­ker unter­schied­li­che Seman­ti­ken ver­wen­den, dass die Spra­che der Tech­nik weit mehr als ver­ba­le Mit­tei­lung ist, dass ver­ba­le wie iko­no­gra­phi­sche Zei­chen­re­per­toire unter­schied­lich von Tech­nik­dis­zi­plin zu Tech­nik­dis­zi­plin ver­wen­det wird und dass die Illo­ku­tio­nen nicht immer klar sind, weil die Indi­ka­to­ren dafür manch­mal fehlen.

7 Beant­wor­tungs­ver­su­che

Wenn wir die ein­gangs gestell­ten Fra­gen zu beant­wor­ten ver­su­chen, dann tun wir das mit den eben gewon­nen Erkenntnissen.

War­um ist es so schwie­rig, eine Bau­an­lei­tung oder Bedie­nungs­an­wei­sung zu ver­ste­hen? Hängt dies mit dem sprach­li­chen Unver­mö­gen der Tech­ni­ker und Inge­nieu­re oder mit der Schlam­pe­rei des Mar­ke­tings und des Ver­kaufs zusam­men oder gibt es da womög­lich einen tie­fe­ren, sprich phi­lo­so­phisch inter­es­san­ten Grund?

Die Ant­wort ist ein­fach, aber zum Ver­zwei­feln: weil die Bedin­gun­gen für den Erfolg des ent­spre­chen­den Sprech­ak­tes nicht gege­ben sind. Und so haben wir es zu tun mit unkla­rer (auch visu­el­ler) Begriffs­bil­dung auf­grund diver­ser Onto­lo­gien, mit dekon­tex­tua­li­sier­ter Benut­zer­füh­rung, mit Ver­wen­dung von Pri­vat­spra­chen, manch­mal mit einer gewis­sen Gram­ma­tik­schwä­che der Autoren und mit »Over­en­gi­nee­ring«, d. h. das Pro­dukt ist zu kom­plex, um es ein­fach beschrei­ben zu kön­nen. Wenn die Zeit­kon­stan­te des Ver­ste­hens und des Nut­zen­wol­lens eines Geräts aus­ein­an­der­fal­len, dann ist da Gerät für uns nicht zu nutzen.

Wie ist es mög­lich, aus einer sprach­li­chen Beschrei­bung ein Arte­fakt zu bau­en? Wie wer­den aus Wor­ten Sachen?

Wor­te, die wir­ken sol­len, brau­chen einen Emp­fän­ger, der reagiert und bestimm­te Vor­aus­set­zun­gen erfül­len muss. Tech­ni­sches Wis­sen ist in den Gerä­ten in gewis­ser Wei­se impli­zit ent­hal­ten, man kann sie lesen als Infor­ma­ti­on, man muss aber vor­her schon ein tech­ni­sches Ver­ständ­nis haben, um tech­ni­sches Wis­sen dar­aus gewin­nen zu kön­nen. Eine Bau­an­lei­tung und ein Tech­ni­ker samt Labor reicht eben­falls nicht aus – man braucht eine Men­ge impli­zi­ten Wis­sens, um eine Bau­an­lei­tung ent­spre­chend in ein Gerät über­set­zen zu kön­nen, d. h. um aus Wor­ten Sachen machen zu kön­nen. So gelang es bei­spiels­wei­se den bri­ti­schen Kern­phy­si­kern nicht, ohne ame­ri­ka­ni­sche Hil­fe allei­ne eine Atom­bom­be zu bau­en, obwohl vie­le die­ser bri­ti­schen Wis­sen­schaft­ler und Inge­nieu­re in das Man­hat­tan Pro­jekt ein­ge­bun­den waren und die Kon­struk­ti­ons­plä­ne kann­ten.[11]


Ausgabe Nr. 5, Herbst 2014

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