Nun ist die Fra­ge nach der Syn­tax (sprich: Gram­ma­tik) vor allem der for­ma­len Spra­chen wie Pro­gram­mier­spra­chen, aber auch nach der Gram­ma­tik ein­fa­che­rer Umgangs­spra­chen, auf­bau­end auf den Ana­ly­sen von Noam Chom­sky, im Prin­zip abge­schlos­sen. Auch die Aus­nah­men beginnt man in den Griff zu bekom­men. Andern­falls wären kei­ne auto­ma­ti­schen, sprich com­pu­ter­ba­sier­te Über­set­zun­gen von einer Spra­che in die ande­re mög­lich – auch wenn sie noch nicht ganz per­fekt sind.

Die Hoff­nung auf eine Ablei­tung der Seman­tik (Bedeu­tung) eines Sat­zes allein aus sei­ner Gram­ma­tik hat­te sich trotz gro­ßen mathe­ma­ti­schen und logi­schen Auf­wan­des in den 70er Jah­ren zer­schla­gen. Hier sei­en die Arbei­ten von Richard Mon­ta­gue erwähnt, des­sen for­ma­le Seman­ti­ken zwar nicht aus der Gram­ma­tik stam­men, aber heu­te das Grund­ge­rüst z. B. für die Onto­lo­gien in der Soft­ware­tech­no­lo­gie dar­stel­len. [2]

Man kann es auch so aus­drü­cken: Trotz aller Tri­um­phe der Gram­ma­tik­theo­rie gilt, dass wenn ein Satz gram­ma­ti­ka­lisch rich­tig ist, dies noch lan­ge nicht garan­tiert, dass er eine nach­voll­zieh­ba­re, sinn­vol­le Bedeu­tung für den Adres­sa­ten hat. Das berühm­te Bei­spiel von Chom­sky war: Grü­ne Ideen schla­fen wütend (green ide­as sleep furious­ly). Der Satz ist gram­ma­ti­ka­lisch rich­tig, aber er war in den USA in den 60er Jah­ren seman­tisch sinn­los, weil Ideen kei­ne Far­be haben, nicht schla­fen kön­nen, und man höchs­tens wütend ein­schla­fen, aber nicht wütend schla­fen kann. Inter­pre­tiert man den Satz aber meta­pho­risch im Kon­text der Grass-Roots-Bewe­gun­gen und dem Auf­kom­men der Par­tei der »Grü­nen« im Bun­des­tag in den 70er Jah­ren, wird der Satz auch seman­tisch sinn­voll. Mit Grü­nen Ideen meint man öko­lo­gi­sches Gedan­ken­gut, das lan­ge und unge­dul­dig geschlum­mert habe, und nun mit Wut aus­bre­che und die poli­ti­sche Land­schaft ver­än­dern wer­de. An die­sem Bei­spiel sieht man deut­lich, dass es nicht der Satz und sei­ne inne­re Struk­tu­ren allei­ne sind, die eine Bedeu­tung trans­por­tie­ren, son­dern dass die ent­schei­den­den Kom­po­nen­ten die Umstän­de sind, die es dem Hören­den eines Sat­zes erlau­ben, aus der Äuße­rung eine Bedeu­tung zu ermitteln.

Umge­kehrt ken­nen wir die Erfah­rung, dass man auch mit einer nicht ganz per­fek­ten Gram­ma­tik halb­wegs ver­ste­hen kann, was der Spre­cher meint und vor allem, was er will. Das Bei­spiel des Herrn Gio­van­ni Tra­pa­to­ni ist mitt­ler­wei­le Kult. Am 10. März 1998 gab der sicht­lich ver­är­ger­te Trai­ner des FC Bay­ern Mün­chen die wohl kür­zes­te Pres­se­kon­fe­renz der Geschich­te der Bundesliga:

»Wir haben nicht offen­siv gespielt. Es gibt kei­ne deut­sche Mann­schaft spielt offen­siv und die Namen offen­siv wie Bay­ern. Letz­te Spiel hat­ten wir in Platz drei Spit­zen: Elber, Jan­cker und dann Zick­ler. Wir mus­sen nicht ver­ges­sen Zick­ler. Zick­ler ist eine Spit­zen mehr Meh­met e mehr Bas­ler. Ist klar die­se Wör­ter, ist mög­lich ver­ste­hen, was ich hab‹ gesagt? Dan­ke. Offen­siv, offen­siv ist wie machen in Platz. …
Ich habe erklärt mit die­se zwei Spie­ler: Nach Dort­mund brau­chen viel­leicht Halb­zeit Pau­se. Ich habe auch ande­re Mann­schaf­ten gese­hen in Euro­pa nach die­se Mitt­woch. Ich habe gese­hen auch zwei Tage de Trai­ning. Ein Trai­ner ist nicht ein Idiot! …
… Ein Trai­ner sehen, was pas­sie­ren in Platz. In die­se Spiel es waren zwei, drei oder vier Spie­ler, die waren schwach wie eine Fla­sche leer! Haben Sie gese­hen Mitt­woch, wel­che Mann­schaft hat gespielt Mitt­woch? Hat gespielt Meh­met, oder gespielt Bas­ler, oder gespielt Tra­pat­to­ni? Die­se Spie­ler bekla­gen mehr als spielen! …
… Strunz! Strunz ist zwei Jah­re hier, hat gespielt zehn Spie­le, ist immer ver­letzt. Was erlau­ben Strunz? Letz­te Jah­re Meis­ter gewor­den mit Hamann eh… Ner­lin­ger. Die­se Spie­ler waren Spie­ler und waren Meis­ter gewor­den. Ist immer verletzt! …
… Ich bin müde jetzt Vater die­se Spie­ler, eh, ver­tei­di­ge immer die­se Spie­ler!! Ich habe immer die Schul­de über die­se Spie­ler. Einer ist Mario, einer, ein ande­rer ist Meh­met! Strunz dage­gen, egal, hat nur gespielt 25 Pro­zent die­se Spiel!
Ich habe fer­tig!«[3]


Ausgabe Nr. 5, Herbst 2014

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